Umform- und Verzugssimulation von CFRTP-Tailored Preform Blanks

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Im Rahmen des Luftfahrtforschungsprojekts „OSFIT“ (One Shot Fully Integrated Thermoplastic Frame) wurde eine Prozesssimulation für die Umformung einer tapegelegeten Preform zur finalen Geometrie eines Integralspantes entwickelt (Abbildung 1), um Faserverlauf und Bauteilverzug (spring-back/spring-in) nach dem Umformprozess vorhersagen zu können. Hierfür wurde ein eigenes Materialmodell - unter Verwendung eines bereits bestehenden Ansatzes einer Einheitszelle - erstellt. Der Faserverlauf kann anschließend in statische Festigkeitsberechnungen oder Crash-Simulationen übertragen werden.

Während der Umformung unterliegt die CF-PEEK Preform einer kombinierten Scher- und Biegebeanspruchung bei hohen Temperaturen bis zu 400°C. Für die Erstellung des Materialmodells ist es daher notwendig, das temperaturabhängige Biege- und Scherverhalten in Charakterisierungsversuchen zu ermitteln. Hierfür wurde in 3-Punkt-Biege-Versuchen das Biegeverhalten von 2 mm dicken, 0° UD-Proben (unidirektionale Proben) bei 360°C, 380°C und 400°C jeweils für voll- und teilkonsolidierte Laminate untersucht. In Scherrahmenversuchen wurde das Scherverhalten von teil- und vollkonsolidierten 0°/90° Platten, ebenfalls bei erhöhten Temperaturen, ermittelt. Die gemessenen Kraft-Weg- bzw. Kraft-Scherwinkel-Kurven wurden in Charakterisierungssimulationen nachgebildet, um kalibrierte Materialparameter für die anschließende Umformsimulation zu erhalten.

Das Materialmodell für die Simulation basiert auf der am IVW entwickelten Einheitszelle. Hierbei wird das Verhalten eines inkrementellen Abschnitts nicht in einem einzigen Element, sondern durch eine Kombination von  diesen beschrieben. Erst das Zusammenwirken aller Elemente in einer Einheitszelle beschreibt das reale Verhalten eines inkrementellen Abschnitts. Hierfür wird pro Lage Tape eine Ebene Schalenelemente und eine Lage Balkenelemente verwendet. Die Balkenelemente beschreiben die Faserorientierung sowie die Biegeeigenschaften eines Tapes, während die Schalenelemente das Scherverhalten nachbilden. Eine zweite Lage Schalenelemente ohne mechanische Eigenschaften wird zudem mit den Knoten der Balkenelemente erstellt, um einen thermischen Kontakt zwischen Balken- und Schalenelementen zu ermöglichen (Abbildung 2, links).

Für den Aufbau der Simulation wurde, anhand der Preformgeometrie ,in ANSA® zunächst eine Lage Schalenelemente erzeugt und das Netz an Radien und Flanschen verfeinert. Anschließend wurden in LS-DYNA® die Balkenelemente und eine zweite Lage Schalenelemente, die den thermischen Kontakt herstellt, anhand der Maschinenpfade des Tapelege-Roboters generiert. Zusammen bilden die Schalen- und die Balkenelemente eine einzelne Tapelage der Preform, dargestellt als Verbund aus Einheitszellen. Gemäß dem Preformaufbau wurden mehrere Lagen Einheitszellen verwendet und mittels Kontaktdefinitionen zur finalen Preform verknüpft. Ober- und Unterwerkzeug wurden anhand der CAD-Daten als Schalenmodelle erzeugt. Die Aufhängung der Preform wird in der Simulation über Balkenelemente verwirklicht, welche sich entsprechend der Haltekräfte im Umformprozess verformen, um das Abgleiten der Aluminium-Streifen in der Aufhängung darzustellen. Nach dem Aufbau des gesamten Demonstrator-Models enthält die Simulation ca. 1,2 Millionen Elemente.

Für die Spring-In Simulation wird das Netz der Umformsimulation als Basis verwendet. Somit können außer dem Faserverlauf auch Spannungen und Dehnungen direkt aus der Umformsimulation übernommen werden (Abbildung 3).

Das Prinzip der Einheitszelle erlaubt, auf Bauteilebene ein temperaturabhängiges Biege- sowie Scherverhalten der einzelnen Lagen abzubilden. Jede Tape-Lage der Preform kann einzeln und direkt aus den Maschinenpfaden des Tapelege-Roboters modelliert werden. Dies ermöglicht, eine Änderung der Faserorientierung durch das Abgleiten der Lagen aufeinander abzubilden und schließt auf simulativer Ebene den Übergang zur Preformherstellung. Eine direkt anschließende Spring-In-Simulation sowie weitere Struktursimulationen bieten sich an, da alle notwendigen Erkenntnisse aus der Umformsimulation zur Verfügung stehen. 

Aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages wird das Projekt „OSFIT – One-Shot Fully Integrated Thermoplastic Frame“ durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert (Förderkennzeichen 20W1706C). 

Kontakt:
Dr. Miro Duhovic
Telefon.:   +49 631 2017 363
E-Mail: miro.duhovic@ivw.uni-kl.de
Institut für Verbundwerkstoffe GmbH
Erwin-Schrödinger-Straße 58
67663 Kaiserslautern

 

Abbildung 1: Prozesssimulation eines Integralspantes des Flugzeugrumpfs.

Abbildung 2: Schematische Darstellung der Einheitszelle (links) und das fertige Demonstrator-Modell (rechts).

Abbildung 3: Explosionsdarstellung der resultierenden Faserorientierungen nach der Umformsimulation (links) und der resultierende Bauteilverzug des Demonstrators aus der Spring-In Simulation (rechts).