TopComposite – Nahezu spannungsfreie Ablage in-line imprägnierter Faserbündel in Radien

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Faser-Kunststoff-Verbunde (FKV) eignen sich ideal für Leichtbauanwendungen. Häufig stehen einem breiteren Einsatz von FKV jedoch geometrische Limitationen bei etablierten Fertigungsverfahren (z. B. beim Wickeln oder bei der Pultrusion) oder die Notwendigkeit teurer Halbzeuge (z. B. Prepregs) entgegen.

Um diese Limitationen zu überwinden, wird innerhalb der Nachwuchsforschungsgruppe „TopComposite“ am Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe (IVW) mit dem Nassfaserlegen (Abb. 1) ein neuartiger Fertigungsprozess zur Herstellung von FKV-Komponenten entwickelt. Bei diesem Prozess werden trockene Faserbündel (sogenannte „Rovings“) in-line mit einem duroplastischen Harzsystem imprägniert und anschließend direkt auf entsprechenden Werkzeugen abgelegt. Zuletzt wird das Bauteil in einem Pressprozess unter Temperatur und Druck ausgehärtet. Durch die in-line Imprägnierung entfällt die Verwendung teurer Halbzeuge. Weiterhin können die Faserbündel durch die nahezu spannungsfreie Direktablage auch in gekrümmten Bahnen oder Radien abgelegt werden, sodass auch komplexe Bauteilgeometrien mit einer lastgerechten Faserorientierung und minimalem Materialeinsatz realisiert werden können.

Bei der Ablage von Fasern in Radien können jedoch diverse Ablagedefekte auftreten. Bedingt durch die Längendifferenz zwischen den außen- und innenliegenden Fasern bei der Radienablage werden die Fasern innen gestaucht und außen auf Zug belastet. Hierdurch kommt es typischerweise zur Bildung von Wellen an der Innenseite (Abb. 2, links), zum Hochziehen der äußeren Fasern (Abb. 2, Mitte) oder - bei kleinen Radien - sogar zu einem kompletten Umklappen der Faserbündel (Abb. 2, rechts). Um beurteilen zu können inwiefern diese Defekte zulässig sind und um dies bei der Bauteilauslegung und bei der Designfindung mittels Topologieoptimierung berücksichtigen zu können, muss deren Ausprägung und ihr Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften bekannt sein. Hierzu wurden Radien zwischen 5 mm und 1.000 mm mit einem 24K und einem 50K Kohlenstofffaserroving (24.000 bzw. 50.000 Einzelfilamente) abgelegt (Abb. 3), um den Einfluss des Ablageradius und des Roving-Titers auf die auftretenden Defekte zu untersuchen. Die abgelegten Rovings wurden in einem Ofen ausgehärtet und visuell im Hinblick auf ihre Defekte begutachtet. Weiterhin wurden Fotoaufnahmen der Rovings verwendet, um mittels in Python entwickelter Auswerteroutinen quantifizierbare Aussagen über das Ausmaß der Defekte treffen zu können (Abb. 4). Hierbei konnte festgestellt werden, dass – wie bei artverwandten Verfahren (z. B. Automated Fiber Placement) – die Defekte mit sinkendem Radius zunehmen und dass diese bei Verwendung eines größeren Roving-Titers stärker ausgeprägt sind.

Basierend auf den erfolgten Untersuchungen werden im nächsten Schritt Probekörper mit unterschiedlichen Radien hergestellt und mechanisch geprüft, um den Einfluss der Defekte auf die mechanischen Werkstoffeigenschaften zu ermitteln. Im Anschluss werden Methoden entwickelt, um den Einfluss der Defekte in Abhängigkeit des Ablageradius direkt bei der Bauteilgestaltung und –auslegung, z. B. in der Topologieoptimierung, berücksichtigen zu können.

Das Projekt „TopComposite – topologieoptimierte und ressourceneffiziente Composites für Mobilität und Transport“ wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen 03XP0259).

Kontakt:

Dipl.-Ing. Maximilian Eckrich
Nachwuchsforschungsgruppe TopComposite
Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe GmbH
Erwin-Schrödinger-Straße 58
67663 Kaiserslautern
Telefon: +49 631 2017-228
E-Mail: maximilian.eckrich@ivw.uni-kl.de

Nassfaserlege-Anlage am IVW

Typische Defekte bei der Ablage von Fasern in Radien

Radienablage mit einem 50K-Roving. Links: Gerade Ablage und Radien zwischen 250 mm und 5mm. Rechts: Radien von 1000 mm bis 500 mm (je 3).

Auswertung von Ablagedefekten anhand von Fotoaufnahmen der Rovings