Reaktive Thermoplastprepregs

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Beim Einsatz von thermoplastischen Matrizes für Faser-Kunststoff-Verbunde (FKV) steht den vielen positiven Eigenschaften ein zumindest prozesstechnisch großer Nachteil gegenüber. Die hohe Schmelzviskosität der Thermoplaste macht eine schnelle und effiziente Imprägnierung trockener Faserstrukturen zu einer technischen Herausforderung, die sich mit zunehmender Halbzeugbreite und -dicke intensiviert [1,2]. Zur Herstellung der FKV muss das hochviskose Polymer in die Faserzwischenräume eindringen, die Fasern benetzen und gleichzeitig vorhandene Luft aus der textilen Struktur verdrängen. Gelingt es nicht, diese Prozessschritte vollständig durchzuführen, werden die Eigenschaften des FKV negativ beeinflusst. Die Herstellung qualitativ hochwertiger thermoplastischer FKV bedingt meist hohe Prozesstemperaturen und -drücke, was mit entsprechend hohen Anlagenkosten einhergeht [2, 3]. Um die Fließwege des Polymers bei der Verarbeitung zu minimieren, stehen zahlreiche Halbzeuge vom teilimprägnierten Pulverprepreg bis zum vollimprägnierten Tape am Markt zur Verfügung. Die Verwendung dieser Halbzeuge kann unter Umständen die notwendige Prozesszeit beim Verarbeiter verkürzen, jedoch weisen die Materialien Nachteile hinsichtlich ihrer Drapierfähigkeit und Kosteneffizienz auf [2, 4]. Auch das mehrfache Aufschmelzen des Polymers bei der Halbzeugherstellung und der Weiterverarbeitung zum finalen Bauteil kann sich unter Umständen negativ auf die Eigenschaften und die Gesamtenergiebilanz des FKV auswirken.

Ein Ansatz, um die Herausforderungen der thermoplastischen Imprägnierung zu umgehen, ist die Verwendung reaktiver, thermoplastischer Harzsysteme. Diese Systeme weisen eine wesentlich geringere Viskosität als bereits polymerisierte Thermoplaste auf, was eine zeitlich und energetisch effiziente Imprägnierung von Faserstrukturen ermöglicht. Eines dieser Systeme ist das sogenannte Elium®-Harz von Arkema. Hierbei handelt es sich um ein flüssiges Acrylpolymer, das in einer reaktiven Methylmethacrylat (MMA) Monomermischung [5,6] verdünnt vorliegt. Das System ist in mehreren Konfigurationen erhältlich, abgestimmt auf verschiedene Fertigungsprozesse wie Vakuuminfusion, Resin Transfer Molding (RTM), Nasswickeln oder Pultrusion. Durch Zugabe eines entsprechenden Initiators kann das Harz nach der Imprägnierung durch Temperatur [7] oder UV-Bestrahlung polymerisiert werden.

Auf Basis des Elium®-Harzsystems werden am IVW reaktive glasfaserverstärkte (Köpergewebe, 580 g/m²) Thermoplastprepregs hergestellt und weiterverarbeitet. Durch den Einsatz von zwei Initiatoren besteht die Möglichkeit, das Harz mittels Temperatur oder UV-Bestrahlung zu polymerisieren. Die am IVW untersuchte Prozessroute sieht vor, dass die Prepregs zunächst mittels UV-Bestrahlung teilpolymerisiert werden. Dadurch ergeben sich zum einen Vorteile in der Handhabung der reaktiven Prepregs, zum anderen besteht die Möglichkeit, das Eigenschaftsprofil hinsichtlich Drapierbarkeit und Tack zu variieren. Die vollständige Polymerisation mehrerer Prepreglagen zu einem FKV-Bauteil erfolgt anschließend in einem Heißpressprozess. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass aus den reaktiven Prepregs - in Bezug auf Imprägniergüte, Faser-Matrix-Anhaftung und Monomerumsatzrate - qualitativ hochwertige Laminate hergestellt werden können. Dabei hat die Vorpolymerisierung einen positiven Einfluss auf die Verarbeitung im Heißpressprozess. So nimmt die Exothermie der Polymerisationsreaktion mit zunehmender Vorpolymerisierung ab, wodurch die Bildung von Poren aufgrund von Überhitzung des Harzes im heißen Presswerkzeug reduziert werden kann. Derzeit werden die Einflüsse der Vorpolymerisierung auf die Prepreg- und Bauteileigenschaften tiefergehend untersucht.

[1]        W. Obande, D. Mamalis, D. Ray, L. Yang und C. M. Ó Brádaigh, „Mechanical and thermomechanical characterisation of vacuum-infused thermoplastic- and thermoset-based composites“, Materials & Design, Jg. 175, S. 107828, 2019, doi: 10.1016/j.matdes.2019.107828.

[2]        K. van Rijswijk und H. E. N. Bersee, „Reactive processing of textile fiber-reinforced thermoplastic composites – An overview“ (en), Composites Part A: Applied Science and Manufacturing, Jg. 38, Nr. 3, S. 666–681, 2007, doi: 10.1016/j.compositesa.2006.05.007.

[3]        M. Hou, „Stamp forming of continuous glass fibre reinforced polypropylene“, Composites Part A: Applied Science and Manufacturing, Jg. 28, Nr. 8, S. 695–702, 1997, doi: 10.1016/S1359-835X(97)00013-4.

[4]        F. N. Cogswell, “Thermoplastic aromatic polymer composites: A study of the structure, processing and properties of carbon fibre reinforced polyetheretherketone and related materials”. Oxford: Butterworth-Heinemann, 1992.

[5]        Technical Data sheet ELIUM® C595 E“, Arkema, 2023.

[6]        S. K. Bhudolia, P. Perrotey und S. C. Joshi, „Enhanced vibration damping and dynamic mechanical characteristics of composites with novel pseudo-thermoset matrix system“, Composite Structures, Jg. 179, S. 502–513, 2017, doi: 10.1016/j.compstruct.2017.07.093.

Prozesskette zur Prepregherstellung

Schliffbild eines mehrlagigen Laminats, hergestellt aus reaktiven Prepregs

REM-Aufnahme eines hergestellten Laminats nach kryogenem Bruch

Kontakt

M.Sc.

Andreas Krämer

Wiss. Mitarbeiter Molding & Joining Technologies