Digitalisierung der Herstellung von Kohlenstofffaserverstärktes Sheet Molding Compounds

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Einleitung

Vor einigen Jahren wurde entdeckt, dass Kohlenstofffasern die Eigenschaft haben, einfallendes unpolarisiertes Licht zu polarisieren. Ein Effekt, der ausgenutzt werden kann, um die Faserorientierung auf der Oberfläche von kohlenstofffaserverstärkten Polymerbauteilen mit Hilfe eines Bildgebungsverfahrens sichtbar zu machen. Die Ausrichtung des polarisierten Lichts, der sogenannte Polarisationswinkel (AOP), kann dann mit dem Faserorientierungswinkel korreliert werden. Hieraus ergibt sich eine kostengünstige Möglichkeit, die Oberfläche eines Materials/Bauteils direkt zu fotografieren oder zu filmen und komplexe Informationen über die Faserorientierung in Echtzeit zu erhalten, ohne spezielle Probenvorbereitung und ohne Beschränkung der Probengröße. Die Technologie ist ein nützliches Werkzeug für die Online-Qualitätskontrolle und die Digitalisierung der Eigenschaften von kohlenstofffaserbasierten Polymer-Verbundwerkstoffen für die vielen verschiedenen Herstellungswege von CFK-Bauteilen. Am Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe wird dies durch die Messung der Faserorientierung an einem kohlenstofffaserverstärktem Sheet Molding Compound (C-SMC) Halbzeugs während der laufenden Produktion verdeutlicht.

Polarisationskamera - Funktionsprinzip

Abbildung 1 (a) veranschaulicht das grundlegende Funktionsprinzip des Polarisationseffekts durch Reflektion. Licht wird als unpolarisiert bezeichnet, wenn die Lichtwelle keinen definierten Schwingungswinkel um ihre Ausbreitungsachse aufweist. Fast alle natürlichen und künstlichen Lichtquellen geben unpolarisiertes Licht ab. Wenn diese Lichtwellen auf ein polarisierendes Objekt treffen, sind die reflektierten oder durchgelassenen Lichtwellen alle im gleichen Winkel ausgerichtet, wie in der Abbildung durch die einzelne reflektierte Welle dargestellt. Trifft unpolarisiertes Licht auf die Oberfläche eines CFK oder einzelnen Kohlenstofffasern, wird linear polarisiertes Licht reflektiert. Der Winkel der reflektierten Welle um ihre Ausbreitungsachse entspricht der Faserorientierung am Punkt der Reflektion. Das Harzsystem hat keinen Einfluss auf die Messung, da viele Polymerharze in ihrem natürlichen (ungefärbten) Zustand amorph und daher relativ transparent sind. Ein vom Fraunhofer IIS patentierter Polarisationsfilter-Pixelsensor (Abbildung 1 (b)) ermöglicht die gleichzeitige Erfassung von drei Bildkomponenten durch die Kamera (Intensität, Grad der linearen Polarisation (DOLP) und Polarisationswinkel (AOP)), wie in Abbildung 1 (c) an einer Probe aus zufällig verteilten Kohlenstofffaser-Rovings gezeigt.

Umfassende Digitalisierung bei der Herstellung von C-SMC-Material

Durch Nutzung des im vorherigen Abschnitts beschriebenen Prinzips wird die Faserorientierung eines C-SMC Halbzeugs während der laufenden Produktion gemessen. Dabei wird durch das Polarisations-Bildgebungsverfahren die Faserorientierungsverteilung in einer komplett gefertigten Rolle des C-SMC Halbzeugs analysiert. Abbildung 2 zeigt den schematischen Aufbau einer Standardproduktionslinie inklusive der Positionierung des integrierten Polarisationsbildaufnahmesystems. Im ersten Schritt wird ein Matrixsystem auf eine Trägerfolie (1) aufgetragen, bevor ein Schneidwerk (2) geschnittene Kohlenstofffaser mit einer Länge von 25,4 mm auf der Matrix und der Trägerfolie aufstreut. Die Polarisationskamera (3) ist direkt hinter dem Schneidwerk positioniert, sodass ein klarer ebener Blick auf die vorbeilaufenden geschnittenen Kohlenstofffasern möglich ist. Die Kamera erstellt Aufnahmen des Materials im Blickfeld in definierten Zeitintervallen und erzeugt so einen Bildstapel. Diese Aufnahmen werden dann zu einem kontinuierlichen Gesamtbild der Halbzeugrolle (4) zusammengefügt. Zusätzlich zur Echtzeit-Qualitätskontrolle kann die Faserorientierungsinformation an jeder Position der Halbzeugrolle extrahiert werden, um einen virtuellen Schnittplan zu erstellen. Aus den Zuschnitten können dann Zuschnittstapel aufgebaut werden, um aus dem Material der Halbzeugrolle optimierte C-SMC Bauteile im Fließpressverfahren herzustellen. Die Bilddaten der einzelnen digitalen Zuschnitte können in Form von farbigen Faserorientierungs-(FO-)Bildern, FO-Verteilungshistogrammen und Tensordaten visualisiert oder analysiert werden (siehe Abbildung 3). Der Digitalisierungsprozess umfasst mehrere verschiedene Softwarekomponenten, die von der Erfassung der Rohdaten mittels Polarisationsbildaufnahme über die Verarbeitung dieser Rohdaten bis hin zur Berechnung und Visualisierung der Faserorientierungstensoren (FOTs) des Materials reichen. Die FOTs liefern die exakten Eingangsgrößen, die für die Definition der initialen Faserorientierungsverteilung in Simulationen des C-SMC-Fließpressens benötigt werden.

Fazit

In diesem Forschungsprojekt wurde ein umfassender Digitalisierungspfad für C-SMC-Materialien unter Verwendung der Polarisationsbildgebung aufgezeigt. Die prinzipielle Funktionsweise des Polarisationseffekts wurde erläutert und ein aus Hardware- und Softwarekomponenten bestehendes Polarisationsbildgebungsverfahren wurde entwickelt und in einer SMC-Produktionslinie implementiert. Das System erfasst und verarbeitet Bilddaten, die für die Online-Prozessüberwachung und zur Erzeugung genauer Faserorientierungsdaten für die Simulation des C-SMC-Pressverfahrens verwendet werden.

Danksagung

Dieses Projekt wird vom Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) im Rahmen des Leistungszentrum Simulations- und Software-basierte Innovation gefördert.

Dr.

Miro Duhovic

Kompetenzfeldleiter Prozesssimulation

Spezielle Expertise: Finite-Elemente-basierte Multiphysik-Simulation komplexer Verbundwerkstoff-Fertigungsprozesse, Material- und Prozesscharakterisierung, Entwicklung von Verbundwerkstoffmodellen