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Verbundwerkstoffe spielen in vielen Anwenderbranchen eine zunehmende Rolle. Composi-tes United (CU) – das führende Netzwerk für faserbasierten hybriden Leichtbau – hatte seine Mitglieder und Vertreter aus der Wasserstoffindustrie und Wasserstoffnutzende am 06. März 2023 zum Dialog eingeladen. Wasserstoff, besonders grüner Wasserstoff, ist ein zentraler Energieträger für die Dekarbonisierung von Industrie und Verkehr. Die Umstellung der Produktionsprozesse von Stahl und Chemie und der Betrieb von kommunalen Fahrzeugen wie Bussen und Müllfahrzeugen mit Wasserstoff sind aktuelle Themen. Verbundwerkstoffe bieten hervorragende Materialeigenschaften für Wasserstofftanks und Leitungssysteme. Rund 100 Teilnehmende tauschten sich mit den Referenten aus, die zunächst ihre Innovationsprojekte und ihre Einschätzungen zu den Chancen von Verbundwerkstoffen in der Wasserstofftechnik vorstellten:
Dr. Tobias Reincke, CTC GmbH: „Composite Kryotanks“
Das CTC ist, als Airbus-Tochterunternehmen, in die Tankentwicklung des Mutterkonzerns eingebunden. Kryotanks, für flüssigen, auf minus 253 °C gekühlten Wasserstoff sind, aufgrund des hohen Volumens des Wasserstoffs für die Luftfahrt unverzichtbar. Für einen A 350 kann das Treibstoffgewicht gegenüber Kerosin auf ein Viertel reduziert werden. Wasserstoff kann allerdings nicht in den Flügeln gespeichert werden – die Bauraumanforderungen an Kryotanks sind eine große Herausforderung. Metalltanks haben eine hohe Reife, haben aber den Nachteil, dass die großen, benötigten Tanks ein sehr hohes Gewicht haben. Folglich ist die Entwicklung von Composite-Tanks wichtig. Erfahrungen aus der Raumfahrt mit Composites-Tanks können aufgrund der geringen Lebensdaueranforderungen dort nicht einfach übernommen werden. Der richtige Matrixwerkstoff, Dichtigkeit, Dünnschichttechnologien sowie die Fügetechnik und integrierte Sensorik sind weitere Herausforderungen. Darüber hinaus muss die Infrastruktur für die Flughäfen entwickelt werden.
Alexander Rohkamm, herone GmbH: „Thermoplastic Composites for ultralight H2 transport and storage solutions“
Alexander Rohkamm ist Co-Founder der herone GmbH, einer Ausgründung der TU Dresden. Der Schwerpunkt des Unternehmens liegt auf thermoplastischen Composite-Bauteilen, insbesondere Rohrstrukturen für Hochleistungsanwendungen in der Luftfahrt. Für Tanks und Leitungen erwartet das Unternehmen ein großes Potenzial, auch für Großserien. Thermoplaste bieten eine breite Anwendung und deutliche Vorteile, auch in der Entwicklung geschlossener Kreisläufe. Dazu gehört auch das nachträgliche Umformen und das stoffflüssige Anbringen von Teilen wie Rohrverbindungen. Für Kryotanks zeichnet sich ein großes Potenzial nicht nur in der Luft- und Raumfahrt, sondern auch im Automotiv sowie im Maschinen- und Anlagenbau ab. Chemie- und Temperaturbeständigkeit sind zwei weitere entscheidende Vorteile von Hochleistungs-Thermoplast-Verbundstrukturen.
Dr. Joachim Scheller, FFT Produktionssysteme GmbH & Co. KG: „Automatisierte Brennstoffzellen-Fertigung“
FFT ist bekannt als Anlagenbauer und Automatisierer im Automobilbau sowie in der Luftfahrt und weist daher auch ein umfassendes Portfolio im Bereich Leichtbau auf. Entwicklung und Bau von Testanlagen für Vibration und Temperatur bis hin zur Zertifizierung sind ein Schwer-punkt. Ein zweiter Schwerpunkt ist die Automatisierung der Produktion von Brennstoffzellen. Vollautomatisierte Produktionsprozesse müssen kurze Taktzeiten bei geringem Platzbedarf bieten. Nicht nur mit Blick auf das von der EU angestrebte „Verbrenner-Aus“ in 2035 bietet die CU-AG „Leichtbau für Wasserstoffsysteme“ sehr gute Möglichkeiten der Vernetzung. Wasserstoff bietet für den Antrieb von Nutzfahrzeugen nicht nur höhere Reichweiten, es werden weniger seltene Metalle benötigt, die bereits heute einen Engpass darstellen. Energieüberschüsse aus Windkraftanlagen können als Wasserstoff ins Gasnetz eingespeist werden, weshalb FFT auch in diesem Bereich aktiv ist.
Dr. Jens Schlimbach, Leibniz-Institut für Verbundwerkstoff: „Projekt WAVE – Wasserstoffspeicherung für den Nutzfahrzeugbereich“
Wasserstoffanwendungen spielen in den zentralen IVW-Forschungsfeldern Mobilität, Energie und Produktion eine Rolle. Im Projekt WAVE entwickelt ein Konsortium ein Wasserstoffverbrennersystem für den Unimog, der mit Anbausystemen als kommunales Fahrzeug eingesetzt werden soll. Eine neue patentierte Anordnung von sehr dünnen Rohrspeichern bietet durch eine Selbstverklemmung eine hohe Bauraumnutzung. Das System ist bereits für die Umrüstung von Dieselzügen im Gespräch. Für die Forschung sind eine Vielzahl an Aufgabenstellungen, wie die Weiterentwicklung der Nasswickelverfahren und der thermoplastischen Verfahren, das Materialverhalten, die Optimierung der Harze, die Verfahrensmodifikation sowie die Nutzung von Sensorik für Prüfdaten zu lösen.

Im Anschluss erfolgte eine intensive Diskussion aller Teilnehmenden mit den Referenten, wobei viele Aspekte aufgegriffen und vertieft wurden. Etwa die Fragestellung ob, wie viel und auf welchen Wegen Wasserstoff schon heute als Energieträger in der Gasversorgung von Industrie und Privathaushalten genutzt werden kann, aber auch zahlreiche technische Fra-gen etwa zur Permeabilität von Tanks und Leitungssystemen wurden diskutiert.

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