Prozessoptimierung: Halbzeuge für großflächige Faserkunststoffverbund-Bauteile

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Durch die Verfügbarkeit sehr unterschiedlicher faserbasierter Verstärkungsstrukturen und einer großen Auswahl an Polymermatrizes ergibt sich in der Kombination eine Materialvielfalt, die immer mehr Branchen auf das Potenzial des Werkstoffs aufmerksam macht.  Die hohe spezifische Festigkeit und Steifigkeit wird dazu genutzt, bestehende Komponenten durch entsprechende FKV-Strukturen zu substituieren und somit gewichtsoptimierte Bauteile mit gleichzeitig mindestens ebenbürtigen mechanischen Eigenschaften zu erhalten. Eines der zentralen Themen bei der Etablierung von FKV-Strukturen ist die Entwicklung effizienter Verarbeitungsprozesse.

Während sich FKV auf Basis duroplastischer Polymere bereits etabliert haben, gibt es in den letzten Jahren vermehrt Bemühungen, den Einsatz von thermoplastischen FKV voranzutreiben. Der Grund hierfür liegt in den Vorteilen der thermoplastischen Polymere: durch den strukturellen Aufbau können diese nahezu beliebig oft aufgeschmolzen und erstarrt werden, was wiederum die Möglichkeit zur Veränderung der geometrischen Form - sowohl in urformenden als auch auf Halbzeugen basierenden Thermoformverfahren - eröffnet. Zusätzlich können thermoplastische Bauteile mittels diverser Schweißverfahren miteinander, aber auch im Zuge der Hybridisierung mit anderen Werkstoffen wie bspw. Metallen, gewichtsoptimal gefügt werden.

Für die Herstellung von mechanisch leistungsfähigen Leichtbaukomponenten aus FKV bieten vollständig imprägnierte, konsolidierte und kontinuierlich faserverstärkte Halbzeuge in Form von Organoblechen eine ideale Basis. Im Thermoformverfahren können die flächigen Halbzeuge bei kurzen Zykluszeiten in komplexe Geometrien überführt werden. In Kombination mit etablierten Verarbeitungsprozessen für Thermoplaste, wie z. B. der Spritzgießtechnik oder dem Fließpressen, erweitert sich das potentielle Bauteilspektrum zusätzlich. Die Dimensionen der herstellbaren Bauteile richten sich hierbei allerdings nach der verfügbaren Größe entsprechender Halbzeuge. Bezogen auf die mechanischen Eigenschaften ist es wichtig, die kontinuierliche Faserstruktur im Bauteil zu erhalten (die Faserlänge entspricht den geometrischen Abmaßen des Bauteils). Aus diesem Grund können für große Bauteile nicht mehrere kleine Halbzeuge kombiniert werden. Vielmehr muss die benötigte Halbzeuggröße mindestens der in die Ebene abgewickelten Bauteilkontur entsprechen. Im Umkehrschluss ist die maximal herstellbare Bauteilgröße direkt von den Maßen der am Markt verfügbaren Organoblech-Halbzeuge abhängig.

Ein wirtschaftlich und technisch effizientes Verfahren für die Organoblechherstellung stellt die Intervall-Heißpresstechnik (IHP) dar [1]. Während der derzeitige Stand der Technik eine Halbzeugbreite von ca. 1 m erlaubt, erfährt der Markt aufgrund des Wunsches nach größeren FKV-Bauteilen eine steigende Nachfrage nach Halbzeugen mit einer größeren Breite. Die Herausforderung bei der Fertigung von breiten Laminaten liegt in der Imprägnierung der quer zur Prozessrichtung liegenden Faserstränge mit der zähflüssigen Kunststoffschmelze. Die Imprägnierung der in Prozessrichtung (0°-Richtung) orientierten Fasern dagegen wird durch die Arbeitsweise der IHP ausreichend forciert. Damit ein vollständig imprägniertes und hochwertiges Halbzeug entstehen kann, muss die schnelle Verdrängung der im Lagenaufbau eingeschlossenen Luft zu den Werkzeugrändern sichergestellt werden. Um dies zu erreichen, wurde eine Kombination aus einer inhomogenen Prozesstemperatur über die Werkzeugbreite bei konstantem Prozessdruck gewählt. Durch dieses Vorgehen soll eine rasche Imprägnierung der Verstärkungsstruktur in der Laminatmitte erreicht werden, die gleichzeitig mit einer entsprechenden Verdrängung der eingeschlossenen Luft einhergeht. Zu diesem Zweck entwickelt das IVW im Rahmen des ZIM-Projekts IMAPRESS, gemeinsam mit den Partnern Teubert Maschinenbau GmbH und Neue Materialien Fürth GmbH, eine innovative Werkzeugtechnologie zur Herstellung von 50“ Organoblechen auf Intervallheißpressen.

Für dieses Vorhaben werden am IVW die vorherrschenden Prozessverhältnisse der Intervall-heißpresstechnik zunächst durch entsprechende Messtechnik aufgenommen und analysiert. Auf Basis einer Prozessmodellierung werden anschließend geometrische Vorgaben für die Press-werkzeuge abgeleitet, die einen optimierten Imprägnierverlauf ermöglichen. Gleichzeitig erfolgt die Entwicklung eines Konzepts zur Prozessüberwachung und –steuerung, welches später die Grundlage für die Integration in die aktuelle Analgentechnik und zudem die notwendige Prozesskontrolle sicherstellt. Durch die Kombination von optimierter Werkzeuggeometrie und intelligenter Steuerung soll schließlich eine gezielte Beeinflussung des Imprägnierprozesses erreicht werden, die sich in einer signifikant höheren Imprägnierleistung bei gleichzeitig hoher Effizienz und Halbzeugqualität niederschlägt.

Weitere Informationen:

Andreas Krämer, M.Sc.
Verarbeitungstechnik
Institut für Verbundwerkstoffe GmbH
Erwin-Schrödinger-Str. 58
67663 Kaiserslautern
Telefon: +49 631 2017 441
E-Mail: andreas.kraemer@ivw.uni-kl.de

[1] Christmann, M.: Optimierung der Organoblechherstellung durch 2D-Imprägnierung. IVW Schriftenreihe Band 114, Kaiserslautern: IVW GmbH, 2014.

Abbildung 1: Intervallheißpresse. Quelle: Teubert Maschinenbau GmbH

Abbildung 2: Interlaminare Druckverteilung auf Basis eines inhomogenen Temperaturprofils über die Werkzeugbreite im Imprägnierbereich der IHP.