Neue Prüfeinrichtung am IVW ermöglicht die Bestimmung des Ermüdungsrissausbreitungsverhaltens in Faserverbundwerkstoffen unter Medieneinfluss

Tailored Thermosets & Biomaterials11News25

Ein hoher Widerstand gegen Ermüdungsrissausbreitung ist für viele Anwendungen von Faserkunststoffverbunden (FKV) sehr wichtig. Auf Grund der vergleichsweise geringen Zähigkeit speziell von duroplastischen Polymermatrizes kann es durch eine geringe, jedoch zyklisch auftretende Belastung bei Erreichung kritischer Schädigungen zu einem schlagartigen Versagen der gesamten Struktur kommen. Um diesem Verhalten entgegenzuwirken und den Risswiderstand von FKV zu steigern, werden verschiedenste Ansätze verfolgt, z.B. die Modifikation des Matrixsystems durch nanoskalige (entmischende) Partikel [1], [2]. Deren Wirkung zeigt sich beispielhaft im Fall eines Epoxidharz-Matrixsystems (Abbildung 1), in einer Erhöhung der für den Rissfortschritt kritischen mechanisch-dynamischen Minimalspannung an der Rissspitze (Verschiebung des dynamischen Spannungsintensitätsfaktors ΔK  zu höheren Kennwerten) und einer Verlangsamung des Rissfortschritts (Abfall der Steigung m der Paris-Geraden).

Zur effizienteren zeit-, last- und frequenzabhängigen Bestimmung dieser Kennwerte ist es am IVW dank der  Beschaffung einer neuen, hochmodernen elektrodynamischen Prüfmaschine (E1000 von Instron GmbH) für besonders niedrige Lasten möglich, solche Messungen nicht nur extrem genau unter dynamischer Belastung, sondern auch unter Medieneinfluss durchzuführen (Abbildung 2 und Abbildung 3). Die E1000 kann dabei bis zu einer Prüffrequenz von 100 Hz betrieben werden und erreicht dynamische Lasten von bis zu 1000 N.

Durch die Möglichkeit die Maschine sowohl in vertikaler als auch horizontaler Position zu betreiben, ergeben sich  wichtige neue Möglichkeiten der Versuchsgestaltung, wie z.B. die Prüfung von (Bio-)Polymeren und Basaltfaserkunststoffverbunden in stark alkalischen Medien, wie sie im Rahmen des BMWK geförderten Verbundprojekts BFKCraft (Förderkennzeichen: 03ET1653D, Entwicklung eines energieeffizienten kostengünstigen Verstärkungssystems und Herstellungsprozesses für basaltfaserverstärkte Kunststoffe (BFK) zur statistischen Gebäudesanierung als Betonpflaster) untersucht werden [4]. Weitere zukünftige Untersuchungsszenarien sind auch die Charakterisierung von Rissfortschrittsphänomenen von Polymeren und FKV unter dem Einfluss von molekularem Wasserstoff, die aktuell im Infrastrukturentwicklungsprojekt (TPC-H2-Storage) für thermoplastische Faserverbund-Druckbehälter für Wasserstoffspeicherung und Wasserstofftransport adressiert werden [5], sowie die Bestimmung der interlaminaren Rissausbreitung von FKV unter dynamischen Lasten.

[1]        A. Klingler, A. Bajpai, und B. Wetzel, „The effect of block copolymer and core-shell rubber hybrid toughening on morphology and fracture of epoxy-based fibre reinforced composites“, Engineering Fracture Mechanics, Bd. 203, S. 81–101, 2018, doi: 10.1016/j.engfracmech.2018.06.044.

[2]        A. Klingler, M. Gilberg, B. Wetzel, U. Breuer, und J.-K. Krüger, „Temperature-rate induced polymerization and phase separation of block copolymer toughened polymer composites“, Composites Science and Technology, S. 109329, Feb. 2022, doi: 10.1016/j.compscitech.2022.109329.

[3]        A. Klingler und B. Wetzel, „Fatigue crack propagation in triblock copolymer toughened epoxy nanocomposites“, Polymer Engineering & Science, Bd. 57, Nr. 6, S. 579–587, 2017, doi: 10.1002/pen.24558.

[4]        S. Grzesiak, M. Pahn, A. Klingler, E. I. Akpan, M. Schultz-Cornelius, und B. Wetzel, „Mechanical and Thermal Properties of Basalt Fibre Reinforced Polymer Lamellas for Renovation of Concrete Structures“, Polymers, Bd. 14, Nr. 4, S. 790, Feb. 2022, doi: 10.3390/polym14040790.

[5]        Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe, „TPC-H2-Storage – Wasserstofftechnologien“, 31. Mai 2022. www.ivw.uni-kl.de/de/forschung-entwicklung/tpc-h2-storage

Abbildung 1: Untersuchungen zur Ermüdungsrissausbreitung in einem Amin-gehärteten Epoxidharz (EP), bei f=5Hz mit Kompaktzugprobekörpern. Der Einsatz von entmischenden Blockcopolymeren (BCP) verschiebt die notwendige Rissspannungsintensität ΔK zu höheren Kennwerten, zudem reduziert sich die Steigung m des Bereichs der stabilen Rissausbreitung. Es kommt zu einer Verlangsamung des Rissfortschritts [3]

Abbildung 2: Instron ElectroPulse E1000 (liegende Position) – Elektrodynamische Prüfmaschine zur Bestimmung des dynamischen Risswiederstands unter Medieneinfluss

Abbildung 3: Kompaktzug(CT-)probekörper mit Crack Tip Opening Displacement (CTOD) transducer zur Ermittlung der Rissöffnungsverschiebung

Dr.-Ing.

Andreas Klingler

DFG Walter Benjamin-Programm