Neue Anlagentechnik zur Thermoplastischen Flüssigimprägnierung für die Herstellung von Faser-Kunststoff-Verbunden am IVW

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Endlosfaserverstärkte Thermoplaste (TP-FKV) bieten im Vergleich zu endlosfaserverstärkten Duroplasten (DP-FKV) eine Reihe von Vorteilen: Sie können z.B. wieder aufgeschmolzen werden, wodurch Umform- und Schweißprozesse sowie werkstoffliches Recycling möglich werden. Die übliche Verarbeitung von TP-FKV im Thermoformverfahren ist zwar großserientauglich, verlangt aber vergleichsweise große Investitionen in Anlagen und Halbzeuge, während die Herstellung von DP-FKV in Flüssigimprägnierverfahren wie Vakuuminfusion und Resin Transfer Molding (RTM) relativ günstig und flexibel ist, sich jedoch nur bedingt für große Stückzahlen eignet.

Ein alternativer Ansatz zur Herstellung von TP-FKV besteht darin, angepasste Varianten der duroplastischen Flüssigimprägnierverfahren zu nutzen, um die verarbeitungstechnischen Vorteile dieser Verfahren mit den werkstofflichen Vorteilen der Thermoplaste zu kombinieren. Hierzu erfolgt die Imprägnierung nicht mit fertig polymerisierten Thermoplasteschmelzen (zu hohe Viskosität), sondern mit den dünnflüssigen Ausgangsstoffen (Monomeren) des Polymers, die sich erst im Werkzeug zum Polymer verbinden (in-situ Polymerisation).

Beim Umstieg von duroplastischen auf thermoplastische Verfahren bestehen allerdings technologische Herausforderungen. Es gibt zahlreiche potentiell interessante Systeme, die sich aber überwiegend noch in der Entwicklungsphase befinden. Beim am weitesten entwickelten System, der in-situ Polymerisation von ε-Caprolactam zu Polyamid 6, können sehr schnelle Zykluszeiten und gute Bauteilqualitäten erreicht werden, aber die Verarbeitung ist herausfordernd: Die Ausgangsstoffe sind sehr sauerstoff- und feuchtigkeitsempfindlich, das Material ist korrosiv und es muss vor der Verarbeitung zunächst bei ca. 70-90 °C geschmolzen werden, wird dann aber ähnlich dünnflüssig wie Wasser.

Um die Industrialisierung dieser Technologie voranzutreiben und Firmen bei der Einführung zu unterstützen, baut das Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe im Rahmen eines EFRE-Projekts (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung) derzeit die notwendige Anlagentechnik und Kompetenz auf. Herzstück des Projekts ist die Eigenentwicklung einer Injektionsanlage, um den besonderen Anforderungen der Technologie gerecht werden und vollen Einfluss auf die Anlagentechnik nehmen zu können. Die Anlage ist vorwiegend auf die Verarbeitung von ε-Caprolactam zu Polyamid 6 ausgelegt, durch ihren modularen Aufbau aber auch auf andere Systeme adaptierbar. Bei der Entwicklung wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass die Anlage nicht nur für Forschungszwecke geeignet ist, sondern, aufgrund ihres 10 kg Monomervorrats und einem Injektionsmassenstrom von 100-1.000 g/min, auch für kleine bis mittlere Prototypen und Vorserien von Industriekunden geeignet ist. Eine Besonderheit ist die Integration einer Spritzenpumpe, zusätzlich zu den beiden konventionellen Injektionssträngen, was das direkte Zudosieren flüssiger Additive in kleinen, genau definierten Anteilen erlaubt.

Ergänzt wird die Injektionsanlage durch ein ölbeheiztes Edelstahl-Injektionswerkzeug für Bauteile mit einer Größe von 400 mm x 600 mm. Mehrere Angüsse und vier modulare Einsätze für Sensoren (z.B. für Temperatur, Druck oder dielektrische Eigenschaften) erlauben einen flexiblen Einsatz und eine genaue Überwachung des Injektions- und Polymerisationsvorgangs.

Begleitet wird die Anlagenentwicklung durch Laborversuche, in denen unter anderem die Verträglichkeit unterschiedlicher Dichtungswerkstoffe gegenüber verschiedenen Monomeren, die richtige Dosierung von Aktivator und Katalysator sowie der Einfluss von Feuchtigkeit und Sauerstoff auf die Polymerisationsreaktion untersucht werden.