Neuartiger experimentell-simulativer Ansatz zur Permeabilitätsermittlung von textilverstärkten Faser-Kunststoff-Verbunden

News25

Faser-Kunststoff-Verbunde (FKV) finden aufgrund ihrer herausragenden Eigenschaften zunehmend Einsatz in Branchen wie dem Automobilbau, der Luftfahrt und immer öfter auch in der Medizintechnik. Der Schlüssel für die außerordentliche mechanische Performance und das mit der relativ geringen Dichte einhergehende Leichtbaupotenzial liegt dabei in dem heterogenen Aufbau von FKV aus Fasern und Matrixpolymer. In einem FKV kombiniert können die Materialpartner Lasten ertragen, die die Einzelkomponenten zerstören würden. Gleichzeitig ist es eben dieser heterogene Aufbau, der über die gesamte Prozesskette zu Problemstellungen bei der Kennwertermittlung führt, die bisher nur mit sehr großem experimentellem Aufwand behandelt werden können. Dies gilt insbesondere für textilverstärkte FKV, die zwar - verglichen mit Kurz- oder Langfaser-FKV - eine bessere mechanische Performance aufweisen, aber in der Herstellung komplexer sind, da das Textil mit dem Matrixpolymer imprägniert werden muss. Für die häufig großflächigen Bauteile in den Branchen Automobilbau und Luftfahrt eignen sich Harzinjektionsverfahren für eine schnelle und wirtschaftliche Produktion. Dabei werden Faserstrukturen mit einem niedrigviskosen duroplastischen Harzsystem durch Über- oder Unterdruck imprägniert. Zur effizienten Prozessauslegung hat dabei die Permeabilität der Verstärkungstextilien eine hohe Relevanz. Die Permeabilität beschreibt die Strömungsdurchlässigkeit von porösen Strukturen, wie z. B. von Textilien. Zur Ermittlung der Permeabilität müssen für jede Material- und Strukturvariation eine Vielzahl von Experimenten durchgeführt werden. Zudem existieren für Permeabilitätsmessungen keine Normen und somit ist keine Vergleichbarkeit gewährleistet.

Im Projekt Math2Composites soll die Entwicklung eines Simulations-Tools, welches Bauteil- und Prozessdesign für textilverstärkte FKV an Schlüsselstellen unterstützt, ermöglichen, einen Großteil der experimentellen Versuche durch validierte Simulationen zu ersetzen (siehe Bild 1). Grundlage des neuen Composite-Softwaremoduls ist ein neuartiger simulativ-experimenteller Ansatz zur Materialkennwert-ermittlung. Mit dem Simulations-Tool sollen digitale Textilmodelle erstellt und diese mithilfe einer geringen Anzahl definierter experimenteller Versuche kalibriert werden, um so beispielsweise die Permeabilität simulationsgetrieben zu ermitteln. Entscheidend dabei ist, die kritischen Textilvariationen im Digitalmodell mit vertretbarem Aufwand zu berücksichtigen, die einen Einfluss auf die Permeabilität aufweisen. Zu den Variationen realer textiler Strukturen gegenüber theoretischen Strukturen zählen unter anderem Ondulation, Nesting, Scherung und die Deformation der Rovings. Das Ziel des simulativ-experimentellen Ansatzes ist es, einen Kennwertbereich zu erhalten, der die Standardabweichung der experimentell ermittelten Permeabilität abbildet. Zur Varianzabbildung soll eine definierte Anzahl an Simulationen mit randomisierten Modellen durchgeführt werden. Der Zeitaufwand für die Modellerstellung und Simulation von mehrfach ausgeführten Simulationen ist durch den Einsatz von Python-Skripten auf ein Minimum reduzierbar. Des Weiteren wird für die Simulation ein Multiskalen-Ansatz gewählt (siehe Bild 2), um die Rechenzeit zu minimieren. Zur Permeabilitätsermittlung des Textils wird dabei zunächst simulativ die Permeabilität der Rovings ermittelt. Somit können die Rovings anschließend im Textilmodell als poröse Vollmaterialstränge mit der zuvor ermittelten Permeabilität dargestellt werden. Mit der erfolgreichen Entwicklung des Simulations-Tools kann der zeitliche und finanzielle Aufwand zur umfangreichen Permeabilitätsermittlung bzw. Prozessauslegung reduziert werden, um somit den Einsatz von FKV-Bauteilen zu begünstigen. In diesem Projekt arbeitet das IVW mit dem Projektpartner Math2Market GmbH zusammen, der mit der Software GeoDict ein digitales Materiallabor entwickelt hat.

Das Projekt Math2Composites („Materialsimulator für die Auslegung und Herstellung von textilverstärkten Composites: Entwicklung einer integrierten simulativ-experimentellen Charakterisierung von Faser-Kunststoff-Verbunden“) wird im Rahmen des Programms „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM)“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert (Förderkennzeichen ZF4052310EB6).

Weitere Informationen:
M.Sc. Tim Schmidt
Verarbeitungstechnik
Institut für Verbundwerkstoffe GmbH
Erwin-Schrödinger-Str. 58
67663 Kaiserslautern
Telefon: +49 (0) 631/31607 32
E-Mail: tim.schmidt@ivw.uni-kl.de