Neuartiger Ansatz zur robusten Bestimmung der Permeabilität von Verstärkungstextilien in Dickenrichtung

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Flüssigimprägnierverfahren werden für die schnelle und wirtschaftliche Produktion von Bauteilen aus Faser-Kunststoff-Verbunden (FKV) genutzt. Insbesondere in Dickenrichtung imprägnierende Verfahrensvarianten für schalenförmige Bauteile eignen sich dabei für die automatisierte Serienproduktion. So wird bspw. das Nasspressen für die Herstellung von Strukturbauteilen im Automobilbau eingesetzt (Bild 1). Für die Prozessauslegung ist hierbei die Permeabilität der Verstärkungstextilien von besonderer Relevanz. Sie beschreibt die Strömungsdurchlässigkeit der Textilien, wobei ein richtungsabhängiges Verhalten vorliegt. Für eine Imprägnierung in Dickenrichtung ist vor allem die Permeabilität senkrecht zur Textilebene relevant, die sogenannte Dickenpermeabilität. In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt hat das Institut für Verbundwerkstoffe (IVW) ein neuartiges Messsystem zur Bestimmung der Dickenpermeabilität entwickelt, das sich durch eine besonders robuste Messung auszeichnet. Um die Relevanz dieser Entwicklung zu verstehen, müssen die Eigenheiten der Dickenpermeabilitätsmessung etwas näher betrachtet werden. Zur Messung der Dickenpermeabilität wird eine Strömung im Textil unter kontrollierten Bedingungen erzeugt. Aktuelle Messsysteme arbeiten dabei - aufgrund der einfachen Durchführbarkeit - vorwiegend gesättigt, d. h. das Textil wir kontinuierlich durchströmt. Dies entspricht nicht der Realität des Flüssigimprägnierverfahrens, bei dem der textile Werkstoff erst während der Herstellung getränkt wird. Eine entsprechende ungesättigte Messung liefert daher realistischere Werte, erfordert aber eine Verfolgung der Fließfront – eine nicht triviale Herausforderung, da eine direkte Beobachtung der Vorgänge im Textil nicht möglich ist. Das neuentwickelte System (Bild 2) löst diese Herausforderung durch Ultraschalltechnologie. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich durch den komplex strukturierten Porenraum technischer Textilien. In diesen liegen Fließkanäle einerseits zwischen den abertausenden Einzelfasern im Mikrometerbereich vor und andererseits zwischen den Faserbündeln bis in den Millimeterbereich. Weiterhin ist die Struktur geprägt von einer hohen statistischen Varianz, welche zu lokalen Inhomogenitäten führt. Um bei der Fließfrontverfolgung eine hohe Robustheit gegenüber den lokalen Inhomogenitäten zu erreichen, wird die Messung so durchgeführt, dass über einen flächigen Anguss (etwa 150 cm²) ein quasi eindimensionales Fließen in Dickenrichtung erfolgt. Ein ausgefeiltes System zur Randabdichtung verhindert dabei Messfehler durch Leckströme aus der Probe heraus. Eine weitere Herausforderung besteht in der Deformierbarkeit der Stapel aus technischen Textilien. Diese führt zur sogenannten hydrodynamischen Kompaktierung, dem Zusammendrücken des Textilstapels durch den Injektionsdruck. Da diese Beeinflussung nicht verhindert werden kann und, im Sinne einer realistischen Nachbildung von Prozesseffekten, auch nicht soll, wird sie im neuentwickelten System messtechnisch mittels Wegmessern und Ultraschalltechnologie bis auf die Ebene der Einzellagenverschiebung erfasst.  So können auch zu erwartende Inhomogenitäten bei der Kompaktierung aufgenommen werden.

Im Anschluss an die ungesättigte Messung lässt sich noch die gesättigte Permeabilität mit dem Messsystem an exakt derselben Probe bestimmen. Hierdurch sind mögliche Abweichungen zwischen einer gesättigten und ungesättigten Messung zu ermitteln (Bild 3 zeigt beispielhafte Ergebnisse). Diese Informationen können für die Flüssigimprägnierverfahren, bei denen gesättigte und ungesättigte Strömungen gleichermaßen auftreten, wichtig sein.

Insgesamt können durch das neuentwickelte Messsystem Grundlagenkenntnisse über das Imprägnierverhalten von Verstärkungstextilien gewonnen werden, die für die effizientere Gestaltung von Harzinjektionsverfahren genutzt werden können.

Die Projekte „Messung und Modellbildung der ungesättigten Dickenpermeabilität von Verstärkungsstrukturen“ sowie „Messung und Modellbildung der ungesättigten Dickenpermeabilität und Hochdruckimprägnierung von Verstärkungsstrukturen“ werden durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert (Förderkennzeichen Mi 647/31-1 und Mi 647/31-2). Die Autoren danken zudem der ETH-Zürich für die gute Zusammenarbeit in diesen Projekten.

Kontakt:
M.Sc. Björn Willenbacher
Institut für Verbundwerkstoffe GmbH
Erwin-Schrödinger-Straße 58
67663 Kaiserslautern
Tel.: +49 631 31607 420
E-Mail: bjoern.willenbacher@ivw.uni-kl.de

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