Neuartige adaptive Leichtbau-Wasserstofftanks zur optimalen Bauraumausnutzung

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Im Rahmen des WaVe-Projektes entwickelt das Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe (IVW) eine leichtbauoptimierte FKV-Drucktankbauweise zur Speicherung von gasförmigem Wasserstoff für den neu zu entwickelnden Wasserstoff-Verbrennungsmotor für Nutzfahrzeuge im Medium-Duty Segment. Dabei arbeitet das IVW Hand in Hand mit den Projektmodulpartnern Mercedes-Benz Special Trucks, Commercial Vehicle Cluster – Nutzfahrzeug GmbH, comlet Verteilte Systeme GmbH, HYDAC Process Technology GmbH, Institut für Oberflächen- und Schichtanalytik GmbH (IFOS), Photonik-Zentrum Kaiserslautern e. V. (PZKL) und Thomas Magnete GmbH. Derzeit erfolgt die Versorgung des neu entwickelten Wasserstoff-Verbrennungsmotors im UNIMOG-Demonstrator, der kürzlich die Straßenzulassung erhalten hat, über vier konventionelle Typ-4 Tanks. In diesem Forschungsfahrzeug stehen zunächst ca. 13 kg H2 zur Verfügung. Projektziel in Wave ist es, diese H2-Menge im UNIMOG bei gleichen Bauraumbedarf am Fahrzeug, auf ca. 28 kg zu erhöhen. Zukünftig sollen die am IVW entwickelten Leichtbau-Tankmodule den vorhandenen Bauraum optimal ausnutzen und die für den Normalbetrieb erforderliche Menge zur Verfügung stellen.

Faserkunststoffverstärkte Druckbehälter mit Kunststoffliner zur Sicherstellung eines ausreichenden Widerstandes gegen H2-Permeation (sog. Typ 4 Tanks) sind heute Stand der Technik zur Wasserstoffspeicherung. Für die lasttragende Struktur des Behälters werden Kohlenstofffasern (C-Fasern) im Wickelverfahren auf den vorgeformten Liner aufgebracht. Gängige Wickelverfahren sind effizient und industrietauglich einsetzbar, jedoch hinsichtlich geometrischer Freiheiten deutlich eingeschränkt. So ist es aufgrund des zwingend einzuhaltenden Wickelwinkels nicht ohne weiteres möglich, rein axiale Faserlagen aufzubringen. Auch Behälter mit einem Durchmesser kleiner als ca. 200 mm sind in einem serienreifen Verfahren nicht herstellbar, da der Wickelwinkel dann stark von der geodätischen Bahn abweicht und der Dombereich durch häufiges Umschlingen des Bossteils auf kleiner Fläche überproportional „aufdickt“. Für die Nutzfahrzeugtechnik bietet die Verwendung von rein axialer Faserverstärkung das Potenzial, den Druckbehälter zusätzlich als strukturelles Element (z.B. Ausleger, Holm) zu nutzen. Genau hier setzt das vorgestellte Forschungsvorhaben an. In einem neuartigen Herstellverfahren werden zylindrische Druckbehälter mit rein axial und in Umfangsrichtung aufgebrachten Fasern realisiert, die maximale Leichtbaugüte besitzen und zudem sehr dünn im Durchmesser hergestellt werden können.

Die Ausleitung der Last aus den axialen Lagen im zylindrischen Bereich des Druckbehälters erfolgt lagenweise mit Hilfe der am IVW patentierten „IVW-Krafteinleitung“. So werden die metallischen Dombereiche lastgerecht integriert. Als Liner kann in Abgrenzung zum Stand der Technik, bei der eine vorgeformte „Kunststoffblase“ verwendet wird, ein Metall- oder Kunststoffrohr genutzt werden, das bei Geometrieänderungen (insbesondere Längenänderungen) leicht variiert werden kann.

Eine erste Designvariante (Abbildung 1, links) konnte durch eine Undichtigkeit im Bereich der Überlappung von Liner zu Dombereich nicht den für einen Betriebsdruck von 700 bar benötigten Berstdruck von 1575 bar erreichen. Daher wurde das Design grundlegend überarbeitet, um eine höhere Vorspannung der Umfangslagen zu generieren und die Pressung zwischen Liner und Dombereich zu erhöhen (Abbildung 1, rechts). Dies wird durch  ein zum Patent angemeldetes konisches Spannelement im Inneren realisiert. Zusätzlich erhöht ein O-Ring die Dichtigkeit. Erste Prototypen wurden gefertigt und einem Bersttest unterzogen. Dabei wurden Werte bis zu 1660 bar erreicht.

Die Nutzung der schmalen Tanks erfolgt durch „Zusammenschalten“ mehrerer Behälter zu einem Tankmodul (siehe Abbildung 2). Dabei versorgt ein sogenannter Mastertank, der mit einem Betankungsventil (OTV) ausgestattet ist, weitere angeschlossene Behälter, die beliebig angeordnet werden können. So können zum einen sehr flache Bauräume (z.B. im Unterboden oder unter der Ladefläche) oder auch kompakte rechteckige Bauräume (z.B. hinter dem Fahrerhaus im UNIMOG-Demonstrator) mit optimaler Bauraumausnutzung zur Wasserstoffspeicherung genutzt werden.

Das Projekt „WaVe – Entwicklung und prototypische Erprobung von Wasserstoff-Verbrennungsmotoren als emissionsminimierende Antriebssysteme für Nutzfahrzeuge im Medium-Duty Segment“ wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages gefördert (Förderkennzeichen 19I21028K). https://wave.cvc-suedwest.com/

Kontakt:

Dr.-Ing. Nicole Motsch-Eichmann
Kompetenzfeldleiterin Bauweisen
Tel.: +49 631 2017 423
E-Mail: nicole.motsch@ivw.uni-kl.de

 

Neuartige Wasserstofftank-Bauweise mit lagenweiser Lastausleitung: erste Designvariante (links) – Demonstrator (oben) und Schnitt durch den Lasteileitungsbereich nach der Prüfung (unten), optimiertes Design (rechts oben) und Spannungsverteilung in der aktuellen Variante mit konischer Verbindung (rechts unten)

Beispielhafte Nutzung der Behälter als „conformable tank“ für flache Bauräume (oben) und als stapelbares 7-er Modul für kastenförmige Bauräume (unten)