KI-gestützte Strömungsfeldvorhersage zur Permeabilitätsberechnung für Harzinjektionsverfahren

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Auf dem sich schnell entwickelnden Gebiet der Verbundwerkstoffherstellung sind Wissenschaftler ständig bestrebt, robustere Prozesse zu entwickeln oder bestehende Prozesse zu verbessern. Beim Liquid Composite Molding (LCM) besteht eine Schlüsselkomponente für diesen Fortschritt darin zu verstehen, wie sich das Polymerharz durch Textilmaterialien bewegt, was die Bestimmung der Permeabilität des Materials auf verschiedenen räumlichen Skalenebenen erfordert. Bisher waren dafür entweder teure Experimente oder in jüngerer Zeit intensive numerische Methoden und viel Rechenleistung erforderlich. Ein neuer Ansatz, der hier vorgestellt wird, stellt jedoch eine effizientere Methode dar, die auf künstlicher Intelligenz basiert.

Die Herausforderung: Textile Permeabilität virtuell messen

Die Durchlässigkeit von Textilien ist ein entscheidender Parameter für die Gestaltung effektiver LCM-Herstellungsprozesse. Um sie auf virtueller Basis genau zu messen, haben Forscher auf komplexe numerische Methoden wie Finite-Volumen-, Finite-Elemente- und Lattice-Boltzmann-Methoden zurückgegriffen. Diese Methoden lösen komplizierte mathematische Gleichungen (Stokes-Gleichung), um zu simulieren, wie Flüssigkeit durch faserige Strukturen auf verschiedenen räumlichen Ebenen fließt. Diese Methoden sind jedoch rechenintensiv und zeitaufwändig, insbesondere, wenn es um große 3D-Modelle geht, die für genaue Ergebnisse erforderlich sind.

Hier kommt Deep Learning ins Spiel: Eine schnellere, intelligentere Lösung

In der vorliegenden Studie wird ein neuartiger Ansatz vorgestellt, bei dem Deep Learning zur Vorhersage des Flüssigkeitsstroms durch Faserstrukturen auf Mikroebene eingesetzt wird. Die verwendete Netzwerkarchitektur heißt MS-Net und implementiert gekoppelte 3D-Convolutional Neural Networks (3D-CNN), die speziell für diese Aufgabe zugeschnitten sind. Das MS-Net lernt, die Geschwindigkeit der Flüssigkeitsströmung durch poröse Medien vorherzusagen, indem es verschiedene Auflösungen desselben Rechengebiets analysiert, was das Training effizienter und weniger rechenintensiv macht.

Vielversprechende erste Ergebnisse mit minimalen Daten

Das Forscherteam am Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe hat mit einem kleinen Trainingsdatensatz von nur acht Proben vielversprechende erste Ergebnisse erzielt. Nach 24 Stunden Training war das Modell in der Lage, das Strömungsgeschwindigkeitsfeld an Proben des Trainingssatzes mit hoher Genauigkeit in nur fünf Sekunden auf einem Desktop-Rechner vorherzusagen. Für die Strömung parallel zur Faserrichtung lag der Fehler des Modells bei der Vorhersage der durchschnittlichen Strömungsgeschwindigkeit bei nur 0,3 %, was eine hohe Präzision beweist, während sich die Vorhersage der Strömung quer zur Faserrichtung als schwieriger erwies. 

Skalierung mit fortgeschrittenen Techniken

Aufbauend auf diesem Erfolg verfeinern die Forscher die MS-Net-Architektur mit modernsten Deep-Learning-Techniken. Der vorliegende Datensatz basiert auf 4.284 synthetischen 3D-Geometrien und Strömungsgeschwindigkeitsfeldern mit einer Größe von 320³ Voxeln (ca. 33 Millionen Voxeln), die jeweils unterschiedliche Faservolumengehalte, Faserdurchmesser und Faserrichtungen aufweisen. Durch Herunterskalierung der Geometrieauflösung und Neuberechnung der Geschwindigkeitsfelder sollen die Trainingszeiten und die Abstimmung der Hyperparameter beschleunigt werden.

Ein Blick in die Zukunft

Diese Arbeit im Bereich der KI-gestützten Permeabilitätsvorhersage ist vielversprechend für die Zukunft der Verbundwerkstoffherstellung. Der allgemeine Ansatz hat das Potenzial, nicht nur die Permeabilität schneller und besser interpretierbar zu machen, sondern ist auch auf andere Phänomene übertragbar, z. B. auf die Vorhersage von Temperaturfeldern bei Wärmeleitungsproblemen. Die Hinzufügung von Feldinformationen und die schnellen Vorhersagezeiten können Herstellern und Wissenschaftlern helfen, bessere Prozesse effizienter zu gestalten, Kosten zu senken und Innovationen zu beschleunigen. Auch wenn diese Forschung noch in den Kinderschuhen steckt, werden die raschen Fortschritte bei den Deep-Learning-Technologien die Entwicklung der KI als zusätzliches Werkzeug für Ingenieure und Wissenschaftler im Bereich der Verbundwerkstoffherstellung vorantreiben.

 

Dipl.-Ing.

Stefano Cassola

Wiss. Mitarbeiter Prozesssimulation