Hybridisierung von kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen mit Stahlfasern zur Verbesserung der mechanischen und elektrischen Eigenschaften

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Neben einer hohen Leichtbaugüte sollen Strukturbauteile aus Faser-Kunststoff-Verbunden (FKV) in industriellen Anwendungen häufig auch eine Multifunktionalität bieten, um durch Funktionsintegration weitere Leichtbaupotenziale auszuschöpfen. Solche Potenziale ergeben sich beispielsweise beim Blitzschutz für Flugzeuge. Zur Gewährleistung einer für den Blitzschutz ausreichenden elektrischen Leitfähigkeit werden kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK) heute durch oberflächennahe Zusatzmaterialien wie Kupfer- oder Bronzegitter ergänzt (Abbildung 1). Solche Strukturen sind jedoch für die mechanische Funktion nicht nutzbar, da sie weder fest noch steif sind. Das damit einhergehende Zusatzgewicht verringert somit das Leichtbaupotenzial der entsprechenden Bauteile. Vor diesem Hintergrund wird innerhalb des Projektes „FUTURE“ an einem hybriden FKV bestehend aus Kohlenstofffasern und feinsten Stahlfasern geforscht. Die Stahlfasern tragen dabei nicht nur zur Verbesserung der elektrischen Leitfähigkeit bei, sondern sollen auch einerseits durch ihre hohe Festigkeit die Lastaufnahme verbessern und andererseits durch die den Stahlfasern inhärente Duktilität die Energieaufnahme und Strukturintegrität verbessern (Abbildung 2). Die metallischen Fasern sind daher kein „parasitäres“ Material mehr, sondern integraler Bestandteil eines multifunktionalen Hybridverbundkonzepts, bei dem jedes Material entsprechend seiner Eigenschaften optimal ausgenutzt wird. Zur Umsetzung der Projektziele wurden innovative Textilien hergestellt, die aus feinsten Stahlfasern (Ø 8 μm) und Kohlenstofffasern bestehen. Der wissenschaftliche Schwerpunkt lag dabei in der Optimierung des Stahlfaseranteils, der Suche nach der bestmöglichen Laminatarchitektur und der laminatgerechten Einbringung von Edelstahlfilamentbündel in entsprechende Kohlenstofffasergelege und -geflechte. Hierzu wurden mit Hilfe geeigneter Materialformulierungen und darauf aufbauender Materialmodellierungen der Einfluss des Stahlfaseranteils bewertet und die entsprechenden Laminatarchitekturen entwickelt. Die Umsetzung der Konzepte erfolgte auf modifizierten Anlagen zur Herstellung hybrider Gelege (Abbildung 3) und Geflechte, die im Anschluss hinsichtlich ihres Preformingverhaltens (Reib-, Biege, Kompaktierungsverhalten) bewertet und optimiert wurden (Abbildung 4). Dabei konnte ein erhöhter Kompaktierungswiderstand der mit Stahlfasern hybridisierten Gelege gegenüber den reinen CF-Gelegen gemessen werden, was bei den angewandten Preformingverfahren berücksichtig werden muss. Weiterhin wurden auch spezielle Preformingverfahren, wie das Dry Fiber Placement (DFP), zur Herstellung hybrider Preforms angewandt und untersucht. Bei dem DFP können trockene Stahlfaserrovings zu Binderpreforms abgelegt und weiterverarbeitet werden. Weiterhin ermöglicht dieser Prozess eine lokal lastgerechte oder homogene Ablage von Stahlfaserrovings auf flächige Halbzeuge (Gewebe, Gelege) und somit eine individuelle Hybridisierung bestehender Halbzeuge (Abbildung 5). Die Prozesse wurden dabei hinsichtlich der Verarbeitbarkeit von Stahlfaserrovings erforscht und optimiert, wodurch individuelle Verarbeitungsrichtlinien abgeleitet werden konnten. In einem weiteren Schritt wurden aus den Preforms durch Harzinjektionsverfahren Prüfkörper hergestellt, welche ausführlich hinsichtlich der mechanischen und physikalischen Eigenschaften charakterisiert wurden. So zeigten elektrische und mechanische Untersuchungen der SFK/CFK-Hybride einen um den Faktor 8 geringeren elektrischen Widerstand sowie eine um 300 % gesteigerte Energieabsorption der neuen Hybridmaterialien. Die Ergebnisse wurden letztendlich auf Demonstratorbauteile (C-Profil) übertragen, an denen die Technologie und die Verbesserung der Materialeigenschaften verifiziert werden konnten. Insgesamt wurde gezeigt, dass die Hybridisierung von FKV-Bauteilen, bzw. CF-Gelegen, mit Stahlfasern nachweislich ein hohes Potenzial zur Funktionsintegration und zur Steigerung der Leichtbaugüte entsprechender Bauteile bietet. Eine hohe elektrische Leitfähigkeit sowie eine hohe Energieabsorption konnte experimentell nachgewiesen werden. Zur Hybridisierung von CF-Gelegen wurden geeignete Preformingverfahren, wie das DFP, hinsichtlich der Verarbeitbarkeit von Stahlfaserrovings untersucht und optimiert.

Das Forschungsprojekt “FUTURE” wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, Förderkennzeichen 03X3042D.

Beteiligte Projektpartner:
Airbus Group Innovations
Quickstep GmbH
Karl Mayer Technische Textilien GmbH
Institut für Verbundwerkstoffe GmbH

Weitere Informationen:
Dipl.-Ing. Florian Kühn
Verarbeitungstechnik
Institut für Verbundwerkstoffe GmbH
Erwin-Schrödinger-Str. 58
67663 Kaiserslautern
Telefon: +49 (0) 631/2017 153
E-Mail: florian.kuehn@ivw.uni-kl.de