Fertigung von Integralspanten mittels Co-Konsolidierung im Thermoformverfahren

Aktuelles1News25

Die effiziente Fertigung von Faserkunststoffverbunden ist nach wie vor ein brandaktuelles Forschungsthema in der Transportindustrie. In der Serienfertigung ist die Verarbeitung von Duroplast-Prepregs im Autoklav üblich, was zu einer hohen Bauteilqualität bei vergleichsweise geringen Stückzahlen führt. Die wiederholgenaue Temperatur- und Druckführung sorgen für robuste Prozessbedingungen. Ein Nachteil der Verarbeitung im Autoklav ist die geringe Ökoeffizienz - bedingt durch hohe Verbrauchsmaterialkosten, lange Zykluszeiten hohen Energieeintrag zum Erzeugen des Vakuums und zur Autoklavtemperierung.  Diesen Nachteilen widmet sich die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet sogenannter „Out-of-Autoclave (OoA)“-Prozesse. Im Bereich der Duroplaste sind Flüssigimprägnierprozesse - wie das Resin-Transfer-Molding (RTM) oder das Nasspressen - bekannte Vertreter, die bereits in der Serienfertigung eingesetzt werden.  Im Thermoplaste-Bereich ist die Verwendung von Organoblech-Halbzeugen und deren Verarbeitung im isothermen Pressprozess eine typische Serienfertigung-Anwendung.

In dem Luftfahrtforschungsprojekt OSFIT (One-Shot Fully Integrated Thermoplastic Frame)  befasst sich das Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe (IVW) mit der Entwicklung einer effizienten Prozesskette zur Verarbeitung von faserverstärkten Thermoplasten zu Strukturbauteilen für die Luftfahrtindustrie. Die Premium Aerotec GmbH agiert als Konsortialführer und potentieller Anwender der zu entwickelnden Technologie. Die Projektpartner Fraunhofer IGCV aus Augsburg, das Automotive Center Südwestfalen sowie das Fraunhofer IFAM aus Stade entwickeln - neben dem IVW - die Technologien automatisiertes laserbasiertes Tapelegen, Umformen und Hinterspritzen sowie automatisiertes Toleranzmanagement im On-Line Prozess. Die Kombination aus Tapelegen von zweidimensionalen Tape-Preforms, dem anschließenden Thermoformen im isothermen Pressprozess sowie der Integration eines neuartigen Schmelzfügeprozesses zur Anbindung von Versteifungselementen soll die besonderen Eigenschaften der Thermoplaste vorteilhaft nutzen und so zu einer effizienten Bauteilherstellung beitragen. Fasern werden lastpfadgerecht abgelegt; das Ablegen in der Ebene erlaubt höhere Verfahrgeschwindigkeiten und kostengünstige Werkzeuge. Schmelzfügen statt Nieten als Verbindungstechnik spart Gewicht und Kosten. Das entwickelte Konzept zur Integration des Schmelzfügeprozesses in den Umformvorgang wurde auf die Fertigung von Integralspanten angewandt und mit der Herstellung von Demonstratorbauteilen validiert.

Abbildung 1 zeigt die Herstellung der Demonstratorbauteile. Die Verarbeitung von faserverstärkten Thermoplasten beruht stets auf dem Erwärmen des Polymers über seinem Schmelztemperaturbereich und der Abkühlung und Konsolidierung unter Druckbeaufschlagung. Oberhalb der Schmelztemperatur können Molekülketten aneinander abgleiten bzw. diffundieren, wodurch Umform- und Fügevorgänge realisiert werden können. Das Abkühlen aus dem Schmelzbereich unter Druckbeaufschlagung führt zur Verfestigung. Dieser Vorgang wird Konsolidierung genannt und ist ausschlaggebend für die spätere Bauteilqualität. Falsche Prozessparameter während der Konsolidierung führen zu Lufteinschlüssen im Bauteil und letztendlich zu geringeren mechanischen Eigenschaften. Die verwendeten Werkzeuge und Heizeinrichtungen erlauben das simultane Aufschmelzen der Tape-Preforms und der lokalen Versteifungen, sodass das Umformen und Fügen in einem Pressenhub erfolgen kann. Vom Aufschmelzen bis zur Bauteilentnahme, nachdem der Konsolidierungsvorgang abgeschlossen ist, vergehen weniger als 10 Minuten. Die Prozessführung erfordert sowohl die Kontrolle des Aufheizverhaltens der Tape-Preforms und der lokalen Versteifungen, als auch über das Drapierverhalten bei der Formgebung.

 Abbildung 2 zeigt einen Integralspant mit stoffschlüssig verbundenen Versteifungen nach dem Umform- und Fügevorgang.

Die Ermittlung des Einflusses der Tape-Preform-Konsolidierung nach dem Tapelegen aber vor dem Umformen auf die Bauteilqualität nach dem Umformprozess ist eins der Forschungsthemen, dem sich das IVW intensiv widmet. Es hat sich gezeigt, dass das Erwärmen im Strahlerfeld zur Dekonsolidierung der Tape-Preform führen kann. Bei geeigneter Prozessführung während der nachfolgenden Umformung und Konsolidierung können jedoch trotzdem Bauteile ohne Lufteinschlüsse hergestellt werden, die alle Qualitätsanforderungen erfüllen.

Das Forschungsprojekt OSFIT (One-Shot Fully Integrated Thermoplastic Frame) wird durch das BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) im Rahmen von LuFo-V-3 gefördert (Förderkennzeichen 20W1706C).

Kontakt:
M.Sc. Julian Weber
Wiss. Mitarbeiter Roving- & Tapeverarbeitung
Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe GmbH
Erwin-Schrödinger-Straße 58
Telefon: +49 631 2017-437
E-Mail: julian.weber@ivw.uni-kl.de

Abbildung 1: Herstellung von thermoplastischen Integralspanten

Abbildung 2: Integralspant mit stoffschlüssig verbundenen Versteifungen