Erste Schritte zur Modellierung von Harzinjektionsverfahren basierend auf Künstlicher Intelligenz

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In modernen Fertigungsverfahren für Faserkunstoffverbunde (FKV) haben sich die Harzinjektionsverfahren (LCM) als Schlüsseltechnologie für die Herstellung komplexer Strukturbauteile in hoher Stückzahl etabliert. LCM-Bauteile werden in verschiedenen Industriezweigen eingesetzt, unter anderem in der Luft- und Raumfahrt sowie in der Automobilindustrie. Die Vorhersage des Verhaltens der textilen Verstärkung während des Herstellungsprozesses ist jedoch seit Jahren eine Herausforderung für Wissenschaftler und Ingenieure, insbesondere wenn es um die Vorhersage der Permeabilität solcher Faserstrukturen geht.

Brückenschlag zwischen physikalisch basierter numerischer Modellierung und Künstlicher Intelligenz (KI)

Forscher des Weierstraß-Instituts für Angewandte Analysis und Stochastik (WIAS) und des Leibniz-Instituts für Verbundwerkstoffe (IVW) suchen nach Wegen, diese Prozesse besser vorhersagbar zu machen. Konventionell nutzen sie physikalisch basierte numerische Modellierung, um die Permeabilität von Faserstrukturen vorherzusagen. Kürzlich wurde ein innovativer KI-Ansatz untersucht, der die traditionelle Physik mit neuronalen Netzen, den so genannten Physics-Informed Neural Networks (PINNs), für die oben genannten Zwecke verbindet.

Warum ist die Vorhersage der Permeabilität so wichtig?

Bei den Harzinjektionsverfahren ist es entscheidend zu verstehen, wie das Harz durch die Fasermaterialien fließt. Falsche Vorhersagen können zu Defekten wie Hohlräumen und beeinträchtigter struktureller Integrität führen. Eine genaue Vorhersage der Permeabilität ist entscheidend für eine robuste Prozessgestaltung, die eine hohe Qualität des Endprodukts und langfristige Kosteneinsparungen ermöglicht.

Die Rolle der Physics-Informed Neural Networks

Im Gegensatz zu herkömmlichen neuronalen Netzen, die ausschließlich auf Daten basieren, beziehen PINNs die Gesetze der Physik in den Lernprozess mit ein. Das bedeutet, dass das Netz nicht nur aus den Daten lernt, sondern auch die physikalischen Gesetze berücksichtigt, die das Verhalten des Materials bestimmen. Im Zusammenhang mit dem Liquid Composite Molding verspricht dieser Ansatz eine schnelle und genaue Vorhersage der Fließeigenschaften des Harzes in komplexen Faserstrukturen und ist dabei sehr dateneffizient. Ein weiterer Vorteil liegt in der netzfreien Berechnungsmethode der PINNs, die sich im Vergleich zu den üblichen netzabhängigen numerischen Methoden zur Permeabilitätsvorhersage besonders gut für komplexe Geometrien poröser Medien wie Faserstrukturen eignen.

Ein kleiner Schritt nach vorn

In dieser Arbeit wurden PINNs auf vereinfachte Geometrien von Mikrofaserstrukturen trainiert, um ihre Fähigkeit zur Vorhersage von Fließgeschwindigkeitsfeldern zu bewerten. Die Permeabilität einer Struktur kann anschließend aus solchen Vorhersagen abgeleitet werden. Nachdem die richtige Architektur des neuronalen Netzes und die richtigen Trainingsparameter gefunden wurden, sind die ersten Ergebnisse vielversprechend und stehen in guter Übereinstimmung mit den Ergebnissen konventioneller numerischer Methoden (Abbildung 1).

Ein Blick in die Zukunft

Auch wenn die Forschung auf diesem Gebiet noch in den Kinderschuhen steckt, werden die rasanten Fortschritte bei Hardware und Deep-Learning-Technologien die Entwicklung von PINNs als ergänzende oder sogar verbessernde Methode zu herkömmlichen numerischen Simulationen vorantreiben. Infolgedessen versprechen PINNs, ein immer effektiveres und zuverlässigeres Werkzeug für Ingenieure im Bereich der Simulation von Harzinjektionsverfahren zu werden.

Die Ergebnisse der Zusammenarbeit zwischen WIAS und IVW werden auf der 1st Conference on Artificial Intelligence in Material Science and Engineering (AIMSE) vom 22. bis 23. November 2023 in Saarbrücken vorgestellt.

Horizontale (u) und vertikale (v) Geschwindigkeitskomponenten, approximiert durch PINNs (links), berechnet mit konventionellen Methoden (Mitte) und der entsprechende punktweise Fehler (rechts).

Dipl.-Ing.

Stefano Cassola

Wiss. Mitarbeiter Prozesssimulation