drivEcomp II – Entwicklung eines Hochleistungs-SMC für strukturelle Anwendungen in elektrischen Antriebssystemen

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Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einhalten zu können, müssen die CO2-Emissionen in allen Bereichen der Mobilität innerhalb der kommenden Jahre deutlich reduziert werden. Neben dem Verzicht auf fossile Brennstoffe und dem Umstieg auf Elektromobilität muss die Energieeffizienz der eingesetzten Antriebssysteme optimiert werden. Ein Forschungsschwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung neuer Materialien und Fertigungsverfahren, um eine Gewichtsreduktion auf Bauteilebene durch den Einsatz von Faserverbundtechnologie zu erreichen.

Im Vergleich zu metallischen Werkstoffen sind mit Faser-Kunststoff-Verbunden (FKV) jedoch oft höhere Rohstoff- und Herstellungskosten verbunden. Die höheren Herstellungskosten resultieren meist aus einem geringen Anteil an vollständig automatisierten Prozessen. Aus diesem Grund wurden bereits in den 1960er Jahren die Sheet Molding Compounds (SMC) entwickelt. Dabei handelt es sich um Fließpressmassen auf Basis von Polyester- oder Epoxidharzen, die als flächige Halbzeuge vollautomatisiert aus einer Harzpaste und Schnittfasern hergestellt werden. Zur Bauteilherstellung wird das Halbzeug zugeschnitten, zum Bauteilgewicht gestapelt und in ein heißes Presswerkzeug eingelegt. Durch die Wärmeeinwirkung im Presswerkzeug sinkt die Viskosität des SMC, es beginnt zu fließen und füllt das Werkzeug. Der Fließvorgang des Materials ermöglicht die Darstellung sehr komplexer Geometrien wie Rippen und Stegen, woraus sich eine große Gestaltungsfreiheit der Bauteile ergibt. Durch SMC war erstmals die großserientaugliche Herstellung von FKV-Bauteilen möglich, die preislich mit metallischen Bauteilen konkurrieren konnten. Seitdem werden vor allem glasfaserverstärkte SMC als strukturell wenig beanspruchte Bauteile, wie beispielsweise Außenhautbauteile in der Automobilindustrie, eingesetzt. Um das Potential der FKV zur Gewichtseinsparung in weiteren Bereichen wirtschaftlich nutzen zu können, streben aktuelle Entwicklungen den Einsatz von SMC in strukturell hochbeanspruchten Bauteilen an. Um die mechanischen Eigenschaften des SMC zu verbessern, werden die verstärkenden Glasfasern durch Kohlenstofffasern ersetzt und der Faservolumenanteil erhöht. 

Im Projekt „drivEcomp II“ werden Gehäusekomponenten eines elektrischen Traktionsmotors, welche üblicherweise aus metallischen Werkstoffen gefertigt werden, als SMC-Bauteile entwickelt. Für die Umsetzung dieses Vorhabens wird das Design an die Vorteile des SMC angepasst. Durch die große Designfreiheit kann eine lastpfadgerechte Gestaltung Material an nicht benötigten Stellen einsparen und hierbei weitere Funktionen, wie bspw. eine Luftführung, integriert werden. Ein weiterer Vorteil des SMC sind die schwingungsdämpfenden Eigenschaften, wodurch die Lärmemissionen des Motors verringert werden können.

Innerhalb des Projekts besteht die Forschungstätigkeit des Leibniz-Instituts für Verbundwerkstoffe in der Entwicklung der Material- und Prozesstechnik. Da das Bauteil während seines Betriebs dynamisch und thermomechanisch stark beansprucht wird, muss die Materialtechnik weiterentwickelt werden. Hierfür werden SMC-Halbzeuge aus verschiedenen Epoxidharzsystemen und Kohlenstofffasern hergestellt, zu Prüfkörpern verarbeitet und die mechanischen und thermomechanischen Eigenschaften ermittelt. Nach der Festlegung eines geeigneten Materials werden die Prozessparameter des Fließpressprozesses für das neue Material optimiert. Das Ziel des Projekts ist die Herstellung funktionsfähiger Prototypen des Lagerschilds, die in weiteren Funktionstests unter realitätsnahen Bedingungen getestet werden.

Projektpartner:
Siemens AG
CirComp GmbH
Gustav Gerster GmbH & Co KG

Das Projekt „drivEcomp II – Weiterentwickelte Compositelösungen für elektrische Antriebe zur Steigerung der Leistungsdichte in erdgebundenen Mobilitätsanwendungen“ wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert (Förderkennzeichen 19I20017D).

Hochgeschwindigkeitszug Siemens Velaro (©Siemens AG, 2022)

Explosionsansicht eines elektrischen Traktionsmotors (©Siemens AG, 2022)

Schematische Darstellung der Herstellung von SMC-Halbzeugen

Schliffbild C-SMC mit 50 % Faservolumengehalt