drivEcomp II – Entwicklung eines Hochleistungs-SMC für strukturelle Anwendungen in elektrischen Antriebssystemen

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Im Projekt „drivEcomp II“ werden neue Materialien und Fertigungsverfahren zur Herstellung von Komponenten elektrischer Antriebsmaschinen für den Einsatz in Bus- und Bahnanwendungen entwickelt. Die Gewichtsreduktion auf Bauteilebene durch den Einsatz von Faserverbundtechnologie erhöht die Leistungsdichte der Antriebe, wodurch Ressourcen eingespart und der Energieverbrauch über die Lebensdauer gesenkt werden.

Im Vergleich zu metallischen Werkstoffen sind Faser-Kunststoff-Verbunde (FKV) oft mit höheren Rohstoff- und Herstellungskosten verbunden, da die Herstellung üblicherweise nur aus einem geringen Anteil an automatisierten Prozessen besteht. In den 1960er Jahren wurden deshalb Sheet Molding Compounds (SMC) entwickelt, welche erstmals die vollautomatisierte Herstellung von FKV ermöglichten. Dabei handelt es sich um Fließpressmassen auf Basis von Polyester- oder Epoxidharzen, die als flächige Halbzeuge vollautomatisiert aus einer Harzpaste und Schnittfasern hergestellt werden. Zur Bauteilherstellung wird das Halbzeug zugeschnitten, zum Bauteilgewicht gestapelt und in ein heißes Presswerkzeug eingelegt. Durch die Wärmeeinwirkung im Presswerkzeug sinkt die Viskosität des SMC, es beginnt zu fließen und füllt das Werkzeug. Der Fließvorgang des Materials erlaubt eine große Gestaltungsfreiheit durch die Umsetzbarkeit komplexer Geometrien wie Rippen und Stegen. SMC ermöglichte erstmals die großserientaugliche Herstellung von FKV-Bauteilen zu konkurrenzfähigen Preisen. Heute werden vor allem glasfaserverstärkte SMC in strukturell wenig beanspruchten Bauteilen wie Außenhautbauteilen in der Automobilindustrie eingesetzt. Um das Gewichtseinsparungspotential der FKV wirtschaftlich in anderen Bereichen zu nutzen, streben aktuelle Entwicklungen den Einsatz von SMC in strukturell hochbeanspruchten Bauteilen an. Hierfür werden Kohlenstofffasern und höhere Faservolumenanteile verwendet, um die mechanischen Eigenschaften des SMC zu verbessern.

Im Projekt „drivEcomp II“ werden Gehäusekomponenten eines elektrischen Traktionsmotors, welche üblicherweise aus metallischen Werkstoffen gefertigt werden, als kohlenstofffaserverstärkte SMC-Bauteile entwickelt. Die Forschungstätigkeit der Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe GmbH besteht in der Entwicklung der Material- und Prozesstechnik. Das Bauteil ist während seines Betriebs dynamisch und thermomechanisch stark beansprucht. Bei dem betrachteten Einsatzzweck ist eine möglichst konstante Bauteilsteifigkeit über den gesamten Einsatztemperaturbereich (- 20 °C bis 120 °C) von entscheidender Bedeutung. Eine Änderung der Steifigkeit führt zu einer Verschiebung der Eigenfrequenz des Gesamtsystems. Bei bestimmten Anregungsfrequenzen kann es hierdurch zu unerwünschten Resonanzeffekten kommen, welche im schlimmsten Fall zu einem Bauteilversagen führen können. Kommerziell verfügbare kohlenstofffaserverstärkte SMC-Materialien zeigen einen Abfall des dynamischen Biegemoduls von bis zu 16 % bei der maximalen Einsatztemperatur von 120 °C. Ein im Rahmen des Projekts entwickeltes und untersuchtes SMC-Material auf Basis eines Epoxidharzsystems zeigt bei derselben Temperatur einen Abfall von 6 %, welcher auf einem Niveau mit dem von Aluminium liegt.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt auf der Optimierung der Prozesstechnik. Bei der Halbzeugherstellung muss eine vollständige und gleichmäßige Imprägnierung der eingesetzten Verstärkungsfasern sichergestellt werden, damit die auftretenden Belastungen über die Matrix in die Verstärkungsfasern eingeleitet werden können. Hierfür wird die Verarbeitungsviskosität des Harzsystems in Abhängigkeit von den aufgebrachten Harzfilmdicken, des verwendeten Fasertyps und der Fasermenge eingestellt. Bei der Bauteilherstellung mit Hilfe von beheizten Tauchkantenwerkzeugen auf parallelgeregelten, hydraulischen Pressen werden die Prozessparameter (Werkzeugtemperatur, Werkzeuginnendruck, Haltezeit des Drucks, Schließgeschwindigkeit) und die Werkzeugbelegung an die Bauteilgeometrie und die Materialeigenschaften angepasst. Hierdurch werden eine vollständige Füllung des Werkzeugs und Aushärtung des Harzsystems gewährleistet.  

Das Ziel des Projekts ist die Herstellung funktionsfähiger Prototypen des Lagerschilds, die in weiteren Funktionstests unter realitätsnahen Bedingungen getestet werden.

Projektpartner:
Siemens AG
CirComp GmbH
Gustav Gerster GmbH & Co KG

Das Projekt „drivEcomp II – Weiterentwickelte Compositelösungen für elektrische Antriebe zur Steigerung der Leistungsdichte in erdgebundenen Mobilitätsanwendungen“ wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert (Förderkennzeichen 19I20017D).

Abbildung 1: Schematische Darstellung der Herstellung von SMC-Halbzeugen und Bauteilen

Abbildung 2: SMC-Anlage „Schmidt & Heinzmann SMC Line 600“

Abbildung 3: Ergebnisse der dynamisch-mechanischen Thermoanalyse (DMTA) – Vergleich zwischen kommerziell verfügbarem Referenzmaterial und Projektentwicklungen

Abbildung 4: Schliffbild C-SMC mit 50 % Faservolumengehalt

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