Dichtereduktion in SMC-Halbzeugen durch den Einsatz von bio-basierten und nachwachsenden Rohstoffen

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Im Bereich der glasfaserverstärkten Faser-Kunststoff-Verbunde (FKV) besitzt der duroplastische Werkstoff Sheet Moulding Compund (SMC) einen hohen Stellenwert, da ca. 20 % aller in Europa verarbeiteter Glasfasern im SMC-Verfahren Verwendung finden. SMC besteht in der Regel aus einem hochgefüllten duroplastischen Harzsystem, meist basierend auf ungesättigten Polyesterharzen, Glasfasern sowie anwendungsspezifischen Additiven und Füllstoffen, siehe Abbildung 1. SMC ist aufgrund seiner mechanischen Eigenschaften für den Einsatz im Bereich der semi-strukturellen Bauteile, Verkleidungsbauteile und Hang-On-Parts – zum Beispiel im Automobilbereich – prädestiniert. Durch die Variation der anwendungsspezifischen Additive und der damit verbundenen Änderungen der Zusammensetzung des Halbzeuges kann der Anwendungsbereich für SMC-Bauteile sehr breit gefächert werden. So kann dieser zum Beispiel von elektrisch isolierenden Eigenschaften, welche die Anwendung für Elektro-Schaltschränke ermöglichen, bis zu einer gleichen Wärmeausdehnung wie der von Stahl angepasst werden. Außerdem können Bauteile mit lackierbarer, sehr hoher Oberflächenqualität (Class A) hergestellt werden, wodurch die Möglichkeit für Sicht-Anwendungen im Automobilbau eröffnet wird. Weitere Vorteile des SMC-Materials sind der günstige Halbzeug-Preis und die Möglichkeit der kostengünstigen Großserienfertigung im parallelgeregelten Fließpressprozess.

In einem klassischen SMC, auf Basis ungesättigter Polyesterharze, bestehen ca. 40 Gewichtsprozent der Gesamtmasse aus mineralischen Füllstoffen, siehe Abbildung 1. Diese Füllstoffe können in funktionelle Füllstoffe (z. B. Aluminiumhydroxid Al(OH)3 als Flammschutzmittel) und nicht-funktionelle Füllstoffe (z. B. Kalziumcarbonat (CaCO3)) untergliedert werden. Die Dichte dieser konventionellen Füllstoffe liegt im Bereich von 2,4 g/cm³ (Al(OH)3) bzw. 2,71 g/cm³ (CaCO3). Bedingt durch die hohe Dichte der Füllstoffe liegt die SMC-Halbzeugdichte im Bereich von 1,7 – 1,9 g/cm³.

Im Rahmen des Forschungsprojektes BioSMC (Förderung durch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand, FKZ: ZF4052322EB8) wird, in Kooperation zwischen der Lorenz Kunststofftechnik GmbH (Lorenz) und dem Institut für Verbundwerkstoffe (IVW), ein SMC-Halbzeug mit hohem bio-basiertem Anteil entwickelt. Untersucht  wird ein Austausch von erdölbasierten und mineralischen Bestandteilen klassischer SMC-Rezepturen durch bio-basierte und nachwachsende Komponenten. Weiterhin sollen die so entwickelten Halbzeuge mit konventioneller SMC-Anlagentechnologie verarbeitet werden können und gleichbleibende mechanische Kennwerte besitzen. In einem ersten Schritt wurden die konventionellen mineralischen Füllstoffe durch bio-basierte und nachwachsende Füllstoffe ersetzt. Diese Füllstoffe sind  etwa Beiprodukte aus der Nahrungsmittelindustrie, wie sie zum Beispiel bei der Öl-Gewinnung anfallen, und stehen nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelindustrie selbst. Auf Basis von umfangreichen Untersuchungen hinsichtlich Dichte, Partikelgrößenverteilung, Dispergierbarkeit und Einfluss der Füllstoffe auf die Viskosität der Harzpaste wurde letztendlich Sonnenblumenkernschalenmehl als potentieller Ersatz-Füllstoff für die weiteren Untersuchungen ausgewählt. Dieser Füllstoff besitzt eine Dichte von 0,95 ± 0,08 g/cm³. Das Einbringen der bio-basierten und nachwachsenden Füllstoffe in SMC-Halbzeuge führt zu einer deutlichen Erhöhung der Harzpastenviskosität, siehe Abbildung 2, und bedingt eine entsprechende Modifikation der Rezeptur, da ansonsten eine prozesssichere Imprägnierung der Verstärkungsfasern auf einer SMC-Anlage, siehe Abbildung 3, nicht gewährleistet werden kann.

Durch das Ersetzen der konventionellen mineralischen Füllstoffe durch bio-basierte Füllstoffe konnte eine Dichtereduktion der Halbzeuge von 1,89 g/cm³ auf 1,45 g/cm³, was einer Reduktion von 22 % entspricht, ermöglicht werden. Hierbei konnten die mechanischen Kennwerte, unabhängig vom Anteil der Bio-Füllstoffe, auf einem nahezu gleichbleibenden Niveau eingestellt werden, siehe Abbildung 4. Durch die geringe Dichte der SMC-Halbzeuge, welche kleiner als 1,5 g/cm³ ist, können die BioSMC-Halbzeuge als potentielle Konkurrenz zu Low Density (LD) SMC-Halbzeugen, welche mit Glashohlkugeln gefüllt und dadurch sehr spröde und teuer sind, betrachtet werden.

In Kooperation mit dem Institut für Biotechnologie und Wirkstoffforschung (IBWF) wurden umfangreiche Versuchsreihen bezüglich des Einflusses der bio-basierten Füllstoffe auf das Feuchtigkeitsaufnahmeverhalten und die Schimmelbildung durchgeführt. Auch hierbei konnten keine negativen Einflüsse durch den Einsatz der bio-basierten Füllstoffe nachgewiesen werden.

In der weiteren Projektlaufzeit wird untersucht, inwieweit konventionelle ungesättigte Polyesterharze durch bio-basierte Harze und Glasfasern durch Naturfasern ersetzt werden können.

Die sehr guten mechanischen Ergebnisse zeigen, dass der Einsatz von bio-basierten Füllstoffen in SMC eine realistische Option darstellt. Durch den Einsatz ehemaliger Beiprodukte aus Nahrungsmittel- und Forstindustrie als Rohstoffe in neuen Materialien der Kunststoffbranche wird ein ökologisch sinnvolles Upcycling ermöglicht. Für einen Serieneinsatz stehen weitere Untersuchungen, zum Beispiel hinsichtlich des Brandverhaltens und der Lackierbarkeit, noch aus.

Ansprechpartner:
Dr.-Ing. Florian Gortner
Institut für Verbundwerkstoffe GmbH
Erwin-Schrödinger-Str. 58
67663 Kaiserslautern
Telefon: +49 631 2017 439
E-Mail: florian.gortner@ivw.uni-kl.de

Abb. 1: Zusammensetzung einer typischen SMC-Formulierung

Abb. 2: Optimierung der Harzpastenrezeptur ermöglicht Herstellung von BioSMC-Demonstratoren

Abb. 3: Institutseigene Duroplast-Imprägnieranlage mit integrierter Abluftanlage, Produktionsbreite 600 mm

Abb. 4: Erreichbare mechanische Kennwerte im Zugversuch