DamageDict – Versagensvorhersage von der Faserebene bis zum Bauteil

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Zur bestmöglichen Ausnutzung des Leichtbau- und Leistungspotentials von Faser-Kunststoff-Verbunden (FKV) müssen ihre anisotropen mechanischen Eigenschaften präzise bestimmt werden. Neben der Anisotropie stellt die komplexe mehrskalige FKV-Struktur eine große Herausforderung dar. FKV-Bauteile bestehen häufig aus mehreren Textillagen, die sich wiederum aus einer Vielzahl von Faserbündeln zusammensetzen, die typischerweise aus tausenden Fasern bestehen. Die Fasern sind dabei die entscheidende Komponente in einem FKV zur Erzielung der hervorragenden gewichtsspezifischen mechanischen Eigenschaften. Dafür ist jedoch die Kenntnis ihrer Ausrichtung und Anbindung im FKV sowie das darauf basierende Versagensverhalten und die Festigkeitsgrenzen des Werkstoffs für die Auslegung von FKV-Bauteilen entscheidend. Es existieren zwar eine Fülle von verschiedenen Festigkeitskriterien, doch bringen diese Probleme und Ungenauigkeiten mit sich. Einfach anzuwendende Kriterien, wie z.B. das der maximalen Spannung oder Dehnung, sind zu ungenau und werden den unterschiedlichen Versagensmoden der Verbundwerkstoffe nicht gerecht. Das Wirkebenkriterium von Puck hingegen sagt das Versagen von FKV-Strukturen sehr gut vorher – ist dafür in der Anwendung jedoch sehr komplex und erfordert einen sehr hohen experimentellen Prüfaufwand, um alle notwendigen Materialparameter zur Anwendung des Kriteriums zu ermitteln.

Um den Aufwand zur Kennwertermittlung und Bauteilauslegung möglichst gering zu halten ist es zielführend, die experimentellen Untersuchungen durch simulative Methoden zu ergänzen oder auch teilweise zu ersetzen. Der simulative Rechenaufwand kann in Grenzen gehalten werden, indem der mehrskaligen FKV-Struktur mit Multiskalen-Simulationsmethoden begegnet wird. Das bedeutet, es müssen nicht ganze Bauteile bis auf die Einzelfaser aufgelöst werden, sondern die mikromechanischen Eigenschaften auf der Einzelfaserebene werden in deutlich kleineren Mikromodellen (Bild 1) berechnet. Diese Ergebnisse werden in aufbereiteter Form für die Berechnung der Textillagen verwendet und diese Ergebnisse werden wiederum für Bauteilsimulation verwendet. Eine solche Multiskalenmethode ermöglicht es, die Komplexität und den Detailierungsgrad, und damit auch den Rechenaufwand, zu minimieren. Im Projekt DamageDict wird ein solches Simulationstool entwickelt, welches - unterstützt durch geringen experimentellen Aufwand - das Versagen von Verbundwerkstoffen mithilfe einer Multiskalenmethode mit hoher Präzision vorhersagt. Beginnend auf der Mikroebene wird das Materialverhalten von Fasern und Matrix simuliert und die Rissinitiierung im digitalen Materiallabor GeoDict untersucht (Bild 2). Zur möglichst präzisen Versagensvorhersage wird die Faserstruktur anhand von Schliffbildern und Röntgenmikroskop-Aufnahmen modelliert. Zur Optimierung der Mikro-Materialmodelle (Modellierung des Materialverhaltens auf der Mikroebene) werden die Eigenschaften der Fasern, der Matrix und der Grenzschicht zwischen Faser und Matrix experimentell bestimmt. Basierend auf den Struktur- und Materialmodellen kann die Rissinitiierung und der Rissfortschritt simuliert werden. Anhand dieser Daten wird mit einem Finite-Elemente-Modell, das mehrere Textillagen darstellt, das Versagen des FKV vorhergesagt (Bild 3). In dem Finite-Elemente-Modell wird in Form einer Vernähung eine lokale Schwachstelle vorgesehen, an der bevorzugt eine Schädigung auftritt und beobachtet werden kann. Mit Mikromodellen und Finite-Elemente-Modellen des Laminats kann eine präzise Bauteilauslegung durchgeführt werden, bei der die Materialeigenschaften bis auf Faserebene berücksichtigt werden.

Das Projekt DamageDict („Simulative Schädigungsvorhersage von Gelege-Laminaten auf Basis von Materialmodellen auf der Mikroebene“) wird im Rahmen des Programms „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM)“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert (Förderkennzeichen ZF4052328LF9).

Bild 1: Rekonstruktion statistisch repräsentativer mikroskopischer Faserstrukturen (links) basierend auf computertomographischen Aufnahmen und Schliffbildern (rechts)

Bild 2: Rissinitiierung (rot) in einer Kunststoffmatrix in einem Mikromodell in der 2D-Darstellung (links) und in der 3D-Darstellung (rechts)

Bild 3: Aufbau der Finite-Elemente-Einheitszelle: Stacking der Textillagen (oben links), vernetzen mit spezifischer Netzdichte (oben rechts) und Spannungsverteilung nach Versagen der ersten Laminatschicht (unten)