Chara-TPC – Aufbau eines Charakterisierungs-Zentrums in RLP für thermoplastische Composites

Mechanische Charakterisierung & Modellierung5News25

Verbundwerkstoffe mit thermoplastischer Matrix, sogenannte thermoplastische Composites (TPC), werden aufgrund ihres Leichtbaupotenzials zunehmend in Schlüsselindustrien eingesetzt. Sie bieten die Möglichkeit, durch ihre Wiederaufschmelzbarkeit und geringe Zykluszeiten einen wichtigen Beitrag zur Umweltverträglichkeit und Wettbewerbsfähigkeit neuer Produkte zu leisten. Eine besondere Rolle nehmen endlosfaserverstärkte thermoplastische Composites (eTPC) ein, die sich aufgrund ihrer hervorragenden mechanischen Eigenschaften besonders für den Einsatz in strukturell tragenden Bauteilen eignen. Anwendungshemmnisse stellen das häufige Fehlen vollständig vergleichbarer und effizient ermittelter Werkstoffkennwerte für komplexe Belastungsfälle dar. Diese sind jedoch für die Bauteilauslegung von Relevanz.

Ziel des Chara-TPC Projektes ist die Entwicklung neuer effizienter Charakterisierungsmethoden für komplexe Belastungsfälle von eTPC zur Generierung von vergleichbaren Materialkennwerten. Damit können sowohl das mechanische Potenzial dieser Werkstoffklasse ausgeschöpft als auch die Hürden für eine Großserienanwendung gesenkt werden.

In der Projektlaufzeit von Januar 2020 bis Dezember 2022 wurden Methoden zur Charakterisierung von kurzzeitdynamischen, mehraxialen und Langzeit-Belastungen von Hochleistungsbauteilen aus eTPC sowie Verbindungsstellen von Hybridbauteilen mit eTPC entwickelt. In einem der Methodenentwicklung vorgelagerten Schritt erfolgten Untersuchungen zu Plattenfertigung, Rohrprobekörperfertigung in einem innovativen Tapelegeprozess und Probekörperpräparation zu Effizienz und Qualität (Abbildung 1).

Meilensteine des Projekts waren hierbei die Entwicklung eines quasi-statischen Heißpressprozesses für die seriennahe Fertigung von eTPC-Platten im Labormaßstab sowie der Einfluss der Oberflächenrauigkeit von bearbeiteten Probekörperkanten auf matrix-dominante, mechanische Kennwerte. Im Bereich der kurzzeitdynamischen Prüfung wurde eine neue taillierte Probekörpergeometrie für die Ermittlung von Zugkennwerten entwickelt, die ohne Lasteinleitungselemente auskommt (Abbildung 2 links). Für den Crashbelastungsfall wurde die Entwicklung eines crashstabilen Probekörpers vorangetrieben, der geometrieunabhängige Energieabsorptionswerte liefert (Abbildung 2 rechts). Ein weiterer Meilenstein bildete die entwickelte Prüfmethodik für den mehrachsigen Belastungsfall an Rohrprobekörpern (Abbildung 3). Durch Analyse des eTPC-Bruchkörpers und seiner Einflussparameter wurde eine Methodik definiert, die den Aufwand bei gleichbleibender Charakterisierungsqualität um rund 60 % reduziert. Zur experimentellen Validierung der Entwicklungen wurden jeweils ein glasfaserverstärktes Polypropylen (GF-PP) und ein kohlenstofffaserverstärktes Polycarbonat(CF-PC)-Tapematerial verwendet.

Die entwickelten Methoden finden nun über Workshops und Schulungen Eingang in die industrielle Anwendung.

Das Projekt „Chara-TPC - Aufbau eines Charakterisierungs-Zentrums in RLP für thermoplastische Composites“ wird vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau (MWVLW) gefördert (Förderkennzeichen: 84005413).

Dipl.-Ing. Florian Mischo
Wiss. Mitarbeiter
Mechanische Charakterisierung & Modellierung
Telefon: +49 (0) 631/2017-407
E-Mail: florian.mischo@ivw.uni-kl.de
 

Dr.-Ing. Sebastian Schmeer
Stellvertretender Abteilungsleiter Bauteilentwicklung & Kompetenzfeldleiter Mechanische Charakterisierung & Modellierung
Telefon: +49 (0) 631/2017-322
E-Mail: sebastian.schmeer@ivw.uni-kl.de
 

Projektstruktur und -inhalte

Prüfung des Kurzzeitverhaltens von eTPC (links: neu entwickelte Probekörpergeometrie in Zugvorrichtung, rechts: crashstabiler Probekörper im horizontalen Crashprüfstand)

Mehraxiale Prüfung von Rohrprobekörpern (links), eTPC Bruchkörper (rechts)