Auslegung spritzgegossener Kunststoffzahnräder

News25

Kunststoffzahnräder weisen gegenüber metallischen Zahnrädern diverse Vorteile wie geringeres Gewicht, Trockenlauffähigkeit und die Eignung zur kostengünstigeren Massenproduktion auf. Allerdings müssen die Nachteile der ungünstigeren mechanischen und thermischen Eigenschaften sowie der geringeren Geometriegenauigkeit durch konstruktive Maßnahmen kompensiert werden. Aktuell vorliegende Auslegungsmethoden weisen aber nur eine stark begrenzte Anwendbarkeit auf, da sie diverse kunststoffspezifische Eigenschaften (z. B. Viskoelastizität, Faserorientierung oder Schä-digungsmechanismen) nicht ausreichend berücksichtigen. Daher wird in diesem Projekt - zusammen mit dem Lehrstuhl für Maschinenelemente und Getriebetechnik der Technischen Universität Kaiserslautern - ein multiphysikalischer Modellierungsansatz, aus dem sich als Ziel praktisch anwendbare Berechnungs- bzw. Auslegungsmethoden entwickeln lassen, erarbeitet und experimentell validiert.

Die Berücksichtigung der Faserorientierungsverteilung spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Computertomografische Analysen von Zahnrädern aus kurzglasfaserverstärktem Polyamid zeigen eine Vorzugsorientierung der Fasern entlang der Fließwege im Spritzgussprozess auf (siehe Abbildung 1). Zudem ist zu berücksichtigen, dass spritzgegossene Zugproben, welche verwendet werden, um dem Berechnungstool die Materialeigenschaften zu liefern, ebenfalls keine homogene Faserverteilung aufweisen. Hier zeigen sich über den Querschnitt unterschiedliche Faservorzugsrichtungen. Die Randschichten der Zugproben zeigen eine stark ausgeprägte Vorzugsrichtung, während die Vorzugsorientierung in der Mittellage dazu versetzt und zudem schwächer ausgeprägt ist (siehe Abbildung 2).

Da kurzglasfaserverstärktes Polyamid ein bevorzugter Werkstoff für Kunststoffzahnräder ist, müssen bei der Ermittlung der Materialeigenschaften auch verschiedene äußere Parameter wie Temperatur, Feuchtegehalt und Dehnrate berücksichtigt werden, um Zahnräder aus diesem Werkstoff für reale Umgebungsbedingungen auslegen zu können. Zudem bedarf die Auslegung eines guten Verständnisses der auftretenden Schädigungsmechanismen von Kunststoffzahnrädern, die sich aus dem komplexen Zusammenspiel von u. a. (plastischen) Deformationen, Ermüdung und Verschleiß ergeben. Daher soll eine umfassende tribologische Werkstoffcharakterisierung Aufschluss über die zu erwartende Reibung und den Verschleiß, in Abhängigkeit diverser Parameter wie z. B. Temperatur und Gleitgeschwindigkeit, liefern.

Das Projekt „Auslegung spritzgegossener Kunststoffzahnräder“ wird im Rahmen der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert (Förderkennzeichen 20379 N).

Stefan Schmidt, M. Eng.
Bauteilentwicklung
Institut für Verbundwerkstoffe GmbH
Erwin-Schrödinger-Str. 58
67663 Kaiserslautern
Telefon: +49 (0) 631/2017-274
E-Mail: stefan.schmidt@ivw.uni-kl.de
www.ivw.uni-kl.de

Abbildung 1: Faserorientierungsanalyse eines kurzglasfaserverstärkten Kunststoffzahnrads. Links: Betrachtete Ebene, Mitte: Farbliche Darstellung der Orientierung der einzelnen detektierten Fasern, Rechts: Aus der Analyse abstrahierte Darstellung der Faservorzugsorientierungen.

Abbildung 2: Faserorientierungsanalyse eines kurzglasfaserverstärkten Zugstabes. Links: Betrachtete Ebene, Mitte: Farbliche Darstellung der Orientierung der einzelnen detektierten Fasern, Seitenansicht. Rechts: Anteile der Fasern, bezogen auf die Spritzgussrichtung, ausgewertet in den drei unterscheidbaren Schichten.